Jordanien: Hinab zu leuchtenden Unterwasserwelten

In Aqaba finden Taucher sehens- und erlebenswerte Riffe.

Das Herz schlägt schneller, als die Schemen aus dem tiefen Blau hervortreten. Zuerst die Konturen des Bugs, dann die Aufbauten und der schräg zur Wasseroberfläche hinaufragende Mast, schließlich die von Korallen und Schwämmen überwucherte Reling.

Wie ein gestrandeter Wal liegt die "Cedar Pride" auf ihrer Flanke, ein Augenschmaus für jeden Wracktaucher. Sie ist die Perle in der Korallenkrone Jordaniens - ganz wie sich der damalige Kronprinz und heutige König AbdullahII. das wohl vorstellte, als er den libanesischen Frachter 1985 versenken ließ.

Das Königshaus ist der große Hüter der Unterwasserwelt in Jordanien. Schon Abdullahs Vater und Vorgänger Hussein I. tauchte laut dem jordanischen Fremdenverkehrsamt in Amman leidenschaftlich gern.

Im Jahr 1995 stellte er einen großen Teil des Meeres vor der 27 Kilometer langen Küste als Meeresnationalpark unter Naturschutz. Sein Sohn ließ neben der "Cedar Pride" auch einen russischen Panzer als Attraktion für die Taucher ins Meer werfen und von Forschern künstliche Riffe aus Betonblöcken anlegen.

Die königlich schützende Hand hat den Korallenriffen sichtlich gut getan. Wolken von bunten Fischen wuseln über prächtig blühende Korallengärten. Die Unterwasserwelt scheint hier noch weitgehend in Ordnung - besonders im Vergleich zu den Meereswüsten vor dem israelischen Party-Touristenmoloch Eilat, der sich nur wenige Kilometer entfernt auf der anderen Seite der Nordspitze des Golfs ausbreitet.

Dass die jordanischen Riffe vergleichsweise gesund sind, hat laut Monty Halls, Autor eines weltweiten Tauchreiseführers, einen Grund: Sie seien bisher vom Massentauchtourismus, der anderen Gebieten dieser Region schwer zusetzt, verschont geblieben.

TauchführerOsamaOtoum

Lange sei dieses Vierländereck im kriegsgeschüttelten Nahen Osten eine "Tabuzone" für die internationale Tauchergemeinde gewesen, schreibt Halls. Erst in den vergangenen Jahren wurden die Tauchtouristen in Jordanien langsam mehr.

2002 begannen Investoren, sich für den ganzjährig milden Ferienort zu interessieren, erzählt Marwan Shennara, Marketingdirektor des Radisson Tala Bay Ressort. Innerhalb kurzer Zeit entstanden Fünf-Sterne-Hotels mit angeschlossenen Tauchcentern, die Zahl der Direktflüge nach Aqaba nahm zu.

Mehr als sechs Taucher dürften nicht gemeinsam in einer Gruppe abtauchen. Der sanfte Tauchtourismus und der Schutz des Königshauses sind jedoch nicht allein für den guten Zustand der Riffe vor Aqaba verantwortlich. Gute natürliche Bedingungen begünstigen ein kräftiges Wachstum der Korallen.

Da der Wasseraustausch mit dem südlicheren Roten Meer durch den engen Pass bei Ras Mohammed eingeschränkt wird, sei der Salzgehalt höher, erklärt Otoum. Deshalb wachsen nur wenige Algen - nach dem Menschen der zweitgrößte Feind der Korallen.

Begünstigend für das Korallenwachstum wirkt sich auch aus, dass keine Flüsse in den Golf münden, die das Wasser trüben könnten. Und schließlich schirmen die umgebenden Berge das Meer vor Wind ab, so dass es im Winter nicht zu stark aufgewirbelt wird und abkühlt.

So bleibt es das ganze Jahr zwischen 21 und 28 Grad warm - Badewannen-Temperaturen, wie sie Korallen schätzen. Rund 200 Arten von Hartkorallen und 160 Arten von Weichkorallen wuchern laut Otoum im jordanischen Teil des Golfs.

Dank ihrer "Swimming-Pool-Bedingungen" eignen sich die jordanischen Tauchplätze besonders gut für Anfänger.