Marzipan und scharfe Klingen: Besuch in Toledo

Toledo (dpa/tmn) - Eine Partyhochburg ist Toledo nicht. Abends geht es sehr ruhig zu in der Provinzhauptstadt südlich von Madrid. Toledo hat andere Stärken: Seine Sehenswürdigkeiten, Marzipan - und Schwerter.

Daniel Merino hat an diesem Abend ein dankbares Publikum. Im „Broadway Jazz Club“ haben sich etliche Touristen zusammengefunden, die noch nicht schlafen gehen wollen. Vor allem eine Gruppe Engländer klatscht im Rhythmus mit, als er in die Saiten seiner Westerngitarre greift. Merino singt vom Wind des Südens, davon dass er nie reich werden wird, aber trotzdem glücklich ist. „Toledo ist klasse“, erzählt der bärtige Musiker aus Bilbao zwischen zwei Songs. „In diesem Jahr war ich schon zweimal hier, und ich komme bestimmt wieder.“

Allerdings ist Toledo nicht gerade berühmt als Hotspot für Livemusik. Und dass die Gäste dem Sänger und Gitarristen im „Broadway“ so zugetan sind, liegt vielleicht auch daran, dass die Konkurrenz überschaubar ist: Nach Sonnenuntergang ist in der Altstadt oft nicht mehr viel los. Denn die Provinzhauptstadt von Kastilien-La Mancha, gut 70 Kilometer südlich von Madrid, ist heute eher eine kleine Nummer.

Gerade das macht andererseits ihren Reiz aus. Es gibt hier Gassen, die so schmal sind, dass man mit den Fingerspitzen die Hauswände an beiden Seiten berühren kann. Im Mittelalter zählte Toledo zu den wichtigsten Städten der iberischen Halbinsel. Die Zahl der historischen Gebäude ist beträchtlich - was die Unesco veranlasst hat, die Altstadt auf die Liste des Weltkulturerbes zu setzen. Toledo selbst rühmt sich, die Stadt in Spanien mit den meisten Sehenswürdigkeiten zu sein.

„Auf einer Fläche von gerade einmal einem Quadratkilometer gibt es mehr als 100 Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen“, erzählt Stadtführer Francisco Moraleda. Klöster und Kirchen reihen sich aneinander, schließlich war die frühere Hauptstadt Spaniens jahrhundertelang auch das religiöse Zentrum des Landes.

Wie bedeutend Toledo im Mittelalter war, zeigt die Kathedrale, die als eine der größten Kirchen der Welt gilt. „Sie hat fünf Schiffe und eine Grundfläche von 12 000 Quadratmetern“, erzählt der Stadtführer. Rund 300 Jahre lang wurde im Mittelalter daran gebaut. Und das eindrucksvolle Gebäude ist auch von innen großzügig ausgestattet: „Das Chorgestühl ist aus Nussbaum und Alabaster, und in der Sakristei hängen Gemälde von Tizian, Goya und El Greco.“

El Greco ist der bekannteste Künstler der Stadt. Die „Casa del Greco“, in der heute ein Museum an ihn erinnert, trägt diesen Namen nicht ganz zu Recht: Die Möbel sind zwar aus der Zeit des Künstlers, aber erst Anfang des 20. Jahrhunderts dorthin gekommen.

Berühmt ist Toledo auch für sein Marzipan und seine Schwerter: Das Marzipan gibt es auch heute noch in zahlreichen Konditoreien. „Schwerter wurden hier schon hergestellt, als die Römer nach Spanien kamen“, erzählt Moraleda. „Und die Römer haben schnell gemerkt, dass sie besser waren als die, die sie selbst hatten.“

Daniel Merino packt im „Broadway Jazz Club“ inzwischen zusammen. Seine Westerngitarre hat er gerade verstaut und erfolgreich ein paar CDs an seine Zuhörer verkauft. Nun lehnt er an der Wand und trinkt ein Bier. Noch losziehen, um die Altstadt zu erkunden, dürfte sich kaum lohnen. Am späten Abend ist dort nun alles dicht. Die Bürgersteige werden hochgeklappt, Toledo geht früh schlafen. Aber wer sich an so etwas stört, ist dort sowieso falsch.

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