Schwarzwald: Wandern rund um den Kaiserstuhl

Wiesen und Weinberge, Obstgärten und Aussichtstürme. Am Samstag wurde der neue Kaiserstuhlpfad offiziell eröffnet.

Düsseldorf. Das Stahlgerüst schwankt und wackelt im Wind. Ein bisschen Schwindelfreiheit braucht der Wanderer schon, wenn er auf die 28 Meter hohe Aussichtsplattform des Eichelspitzturms steigt.

Erst im Jahre 2006 wurde er errichtet. Bei gutem Wetter reicht die Sicht vom Freiburger bis zum Straßburger Münster, von den Erhebungen des Südschwarzwalds bis zu den Gipfeln der Vogesen. Phantastisch.

Vor allem sieht man vom Eichelspitzturm jedoch den Kaiserstuhl. Sieht, wie der Inselberg aus dem flachen Einerlei des Oberrheingrabens herausragt. Wie in seinen Senken noch immer Winzerdörfer das Bild bestimmen. Wie sanfte Hügel einmal mit Wald und einmal mit Wiesen bedeckt sind. Wie alte Obstkulturen und aufwendig bearbeitete Weinbergterrassen eine Kulturlandschaft geformt haben.

Der Eichelspitzturm ist einer der Höhepunkte des neuen Kaiserstuhlpfads. 21,7 Kilometer liegen zwischen seinem Anfang in Endingen und dem Schlusspunkt in Ihringen. Eine Tagestour, für die man sich Zeit nehmen sollte. Eilige haben hier nichts verloren, Landschaftsgenießer hingegen liegen genau richtig.

Das Erletal wirkt, als ob man es für den neuen Weg zurecht gemacht hätte. Durch eine alte Kastanienallee führt ein Pfad. Auf der rechten Seite blüht ein Naturschutzgebiet mit Sumpfwiesen, links klettert Moos an Natursteinmauern hoch. Im Sommer kann man sich in einen Badeteich fallen lassen. Das Erletal bei Endingen erfüllt alle Kriterien, die für einen naturnahen Qualitätswanderweg gelten: Enge Wegführung, wenig Asphalt, abwechslungsreiches Landschaftsbild, gute Beschilderung.

Schilder gibt es am Kaiserstuhl eher zu viele als zu wenige. An jeder Weggabelung hängen mindestens fünf, mit detaillierten Kilometerangaben wie auf einer Bundesautobahn.

Das Symbol des neuen Kaiserstuhlpfads ist allerdings etwas unscheinbar geraten: Es ist ein weißer Aufkleber mit einem dünnen roten Schriftzug, der leider über einer gelben Raute verblasst. Aber wer beides zusammen im Auge behält, der geht ganz bestimmt nicht verloren.

Der Kaiserstuhl ist keine einsame Gegend. An schönen Wochenend- und Feiertagen findet eine kleine Völkerwanderung statt. Halb Freiburg geht dann spazieren, so dass ruhesuchende Urlauber lieber unter der Woche kommen sollten. Dann kann es passieren, dass man plötzlich ganz allein auf einer weiten Wiese steht. Dass zwischen Bäumen und Hügeln der Verkehrslärm verschwindet und eine grüne Kirchturmspitze alles ist, was man von menschlicher Besiedelung wahrnimmt.

Eichelspitze und Katherinenberg sind zwei der drei Erhebungen, die es zu überwinden gilt. Der Totenkopf ist die dritte - und so hat man auch schon die drei höchsten Gipfel des Mini-Gebirges bestiegen: 566Meter (Totenkopf) ist die maximale Meereshöhe, die der Kaiserstuhl erreicht.

Ein ideales Wandergebiet vom frühen Frühjahr bis zum späten Herbst - zumal das besondere Mikroklima für Temperaturen wie im nördlichen Mittelmeerraum sorgt.

Es gehört zu den Besonderheiten der deutschen Gütesiegel-Bürokratie, dass ein Weg mit weniger als 20 Kilometern nicht zertifiziert werden kann. Und so musste der Tourismusverband Kaiserstuhl Abstand von der Idee nehmen, vom Deutschen Wanderverband einfach den in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Neunlindenpfad prädikatisieren zu lassen.

Man merkt es den letzten zehn Kilometern des Kaiserstuhlpfads an, dass hier Strecke gewonnen werden musste. Zu weitläufig fallen die Schleifen durch die Weinberge von Bickensohl aus. Zu sehr hat man den Eindruck, dass nicht die Schönheit der Natur, sondern die Tatsache, dass der Kaiserstuhl zu kurz für einen 20 Kilometer langen Weg ist, den Ausschlag für die Streckenführung gab.

Es ist der einzige Schwachpunkt, den der neue Wanderweg hat. Man kann ihn leicht umgehen, in dem man nach dem Totenkopf einfach dem Neunlindenpfad in Richtung Ihringen folgt. Oder direkt nach Bickensohl absteigt.

In Bickensohl sind zwischen den flurbereinigten Rebhängen einige der alten Lösshohlwege erhalten geblieben, die für den Kaiserstuhl so typisch sind. An ihren steilen, kreideartigen Wänden nisten Tausende Insekten und Vögel. Die Gegend ist hochgeschätzt bei Ornithologen.

Der schönste Wanderweg nützt nichts, wenn man am Ende des Tags nicht mehr zum Ausgangspunkt zurückkommt. Am Ziel in Ihringen ist das zum Glück kein Problem: Im Stundentakt verkehrt von dort die S-Bahn, die Strecke führt um den gesamten Kaiserstuhl herum.

Endstation Endingen: An heißen Tagen lockt der Badeteich im Erletal. Oder man geht gleich in den nächsten Gast- oder Winzerhof. Und genießt Weine, die direkt von den Sonnenhängen des Kaiserstuhls kommen.