Wattenmeer und Rhön: Urlaub in Biosphärenreservaten

Berlin (dpa/tmn) - Viele Naturlandschaften liegen in Deutschland vor der Haustür. Dazu zählen die 15 deutschen Biosphärenreservate. Es sind keine reinen Schutzzonen. Urlauber sind erwünscht - auch am Hamburgischen Wattenmeer, das jetzt dank der Unesco besonderen Schutz genießt.

Der Tourismus hat schon so manches Naturparadies zerstört oder zumindest arg beschädigt. Menschenmassen und Hotelklötze sind mit attraktiven Landschaften kaum vereinbar. Doch es geht auch anders. Denn manchmal hilft der Mensch der Natur sogar, sich zu entfalten und sich zu einer Kulturlandschaft zu entwickeln. Genau das soll in den Biosphärenreservaten der Unesco passieren. Davon gibt es gleich 15 in Deutschland - vom Wattenmeer bis zum Berchtesgadener Land.

Seit 40 Jahren macht sich das Unesco-Programm „Der Mensch und die Biosphäre“ (MAB) zur Aufgabe, nachhaltige Nutzung und die wirksame Erhaltung der Ressourcen der jeweiligen Regionen zu verbinden. Dafür müssen die Gebiete einen umfangreichen Kriterienkatalog erfüllen. „Dazu gehört etwa die Einrichtung der drei verschiedenen Zonen, also der Kernzone, der Pflegezone und der Entwicklungszone“, erklärt Martin Waldhausen, Vorsitzender des deutschen MAB-Nationalkomitees im Bundesumweltministerium. Das Einrichten von Informationszentren gehöre ebenfalls zu den Voraussetzungen der Biosphärenreservate, die alle zehn Jahren geprüft werden.

Die Biosphärenreservate sind Modellregionen für ein ausgeglichenes Zusammenleben von Mensch und Natur. Sie sind nicht zuletzt wegen ihrer reizvollen Landschaft beliebte Urlaubsziele und Naherholungsgebiete. Und sie sind repräsentativ für die Vielfalt der Lebensräume der Flora und Fauna. Biosphärenreservate werden als Kulturlandschaften bis heute wirtschaftlich genutzt. Schließlich lässt sich auch mit Natur Geld verdienen - etwa durch Tourismus.

Oder durch Landwirtschaft - wie in der Rhön, dem 1850 Quadratmeter großen Biosphärenreservat im Dreiländereck von Bayern, Hessen und Thüringen. „Da gibt es viele freie Flächen mit sogenanntem Magerrasen, weil der Boden so nährstoffarm ist“, erklärt Waldhausen. Sich selbst überlassen würde die Landschaft wieder zuwachsen. Um Insekten, Vögeln und Pflanzen einen Lebensraum zu bieten und so die große Artenvielfalt im Biosphärenreservat zu erhalten, lässt man sie regelmäßig von Schafen beweiden.

Wegen der weiten Blicke vor allem in der Hohen Rhön haben Touristiker der Region den Namen Land der offenen Fernen gegeben. Dort kann man wandern, reiten, Fahrrad fahren, Wintersport betreiben oder einfach nur die Natur genießen. „Die Biosphärenreservate arbeiten mit externen Dienstleistern zusammen, also Hotels, Wanderführern, Restaurants oder Wattführern, die sich alle dem nachhaltigen Tourismus verpflichtet haben“, erläutert Vivian Kreft von Europarc Deutschland, dem Dachverband der Nationalparks, Biosphärenreservate und Naturparks, die auch unter dem Namen Nationale Naturlandschaften vermarktet werden.

Die Weite des Landes zeichnet auch das deutsche Wattenmeer aus, wo es gleich drei Biosphärenreservate gibt: das Hamburgische, das Niedersächsische und Schleswig-Holsteinische samt der Halligen. In diesem besonderen Fall sind sie gleichzeitig auch Nationalparks. Das Schleswig-Holsteinische und Niedersächsische hatte die Unesco zudem zusammen mit dem niederländischen Wattenmeer 2009 zum Weltnaturerbe erklärt, Ende Juni 2011 folgte auch das Hamburgische Wattenmeer. So steht nun das komplette Wattenmeer zusätzlich unter besonderem Schutz.

Im Hamburgischen Wattenmeer liegt die kleine und autofreie Insel Neuwerk, die man bei Ebbe mit einer Kutsche von Cuxhaven in nur einer Stunde erreichen kann. Die Überfahrt mit einem Schiff dauert schon eineinhalb Stunden, ist aber nicht weniger reizvoll. Das gilt genauso für die ost- und nordfriesischen Inseln von Borkum bis Sylt.

Aber Biosphärenreservate gibt es auch im Süden Deutschlands: Fast am anderen Ende der Republik liegt die Schwäbische Alb. Über Jahrhunderte vom menschlichen Wirtschaften geprägt, bietet sie Natursehenswürdigkeiten wie Wacholderheide, Buchenwäldern, sonnige Wiesenwege und Heidelandschaft.

Herzstück des 850 Quadratkilometer großen Biosphärenreservats ist der 2005 aufgegebene Truppenübungsplatz Münsingen, mit knapp 70 Quadratmetern einer der größten unzerschnittenen Flächen Baden-Württembergs. Als einzigartig gelten die Hangbuchenwälder am Albtrauf, die Schlucht- und Blockwälder sowie die Steppenheidewälder an den Steilhängen des zergliederten Albtraufs mit seinen Tälern und den Donau-Seitentälern.

Und so bietet jedes der 15 Biosphärenreservate sein ganz eigenes Natur- und auch Kulturerlebnis. Gemeinsam ist ihnen, dass sie reizvolle Urlaubsziele oft direkt vor der Tür sind. „Viele Menschen reisen extra in die USA zu den Nationalparks“, sagt Europarc-Sprecherin Kreft. „Dabei haben wir selbst welche in unmittelbarer Nähe, die ein sagenhaftes Naturschauspiel bieten.“ Und das gilt auch für die Biosphärenreservate, die die Unesco inzwischen seit 40 Jahren auszeichnet und fördert.

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