Die Natur in Pinselstrichen

Malerei: Lili Yuan hält in Schicksbaum die traditionelle Kunst ihrer chinesischen Heimat aufrecht.

Krefeld. "Lotus wächst aus dem Schlamm heraus und bildet einen Meter über dem Wasser wunderschöne Blüten in Rot, Gelb oder Weiß. Er steht für Reinheit. Die wild wachsende Orchidee gedeiht im Verborgenen und verströmt einen starken Duft. Sie versinnbildlicht Bescheidenheit."

Lili Yuan lächelt. Sie zählt zu den renommiertesten Künstlerinnen der chinesischen Tuschemalerei. Sie weiß um die Philosophie ihres Volkes. An der Wohnzimmerwand ihres Hauses Auf der Kempener Platte hängen Dokumente ihres Könnens. Es sind stimmungsvolle und reduzierte Darstellungen von Natur- und Landschaftsmotiven, immer in Schwarz mit Farbe.

Lili Yuan stammt aus Schanghai. "Ich habe schon als Kind gemalt. Mein Großvater war ein Künstler für Tuschemalerei und Kalligrafie." Später lernte sie bei Meister Jin in ihrer Geburtsstadt und studierte an der Central Akademie of Fine Arts in Peking. 1992 kam sie nach Deutschland, weil ihr Mann Wu Xiao Qiang an der Ruhruni in Bochum in Elektrotechnik promovierte.

In der klassischen chinesischen Tuschemalerei werden ausschließlich pflanzliche und mineralische Farben benutzt. Die Tusche besteht aus schwarzem Lampenruß, der zu einem Stein gepresst, vor dem Malen mit Wasser und Pinsel gelöst wird. Gemalt wird auf speziellem Reispapier, dem Chinapapier. "Alles kann ich auch hier in Deutschland kaufen", sagt die Künstlerin. "Für farbige Akzente wird die Tusche mit der entsprechenden Farbe gemischt."

Die symbolische Bedeutung der gemalten Gegenstände ist über 3000 Jahre alt. Charakteristisch für die Tuschemalerei sind die rhythmischen, kräftigen Pinselstriche in leuchtenden Farben, die den Motiven Lebendigkeit und Bewegung geben. "Die Poesie aus der Natur", so lautet ein chinesisches Sprichwort. Es umschreibt sehr schön die Kunst von Lili Yuan.