Inklusion: Recht auf gemeinsames Lernen
Was von der Landesregierung als Gesetz beschlossen wurde, wird in Krefeld teilweise bereits praktiziert.
Krefeld. Der 11-jährige Max ist ein sehr guter Schüler. Auf seinem letzten Zeugnis hatte er nur gute und sehr gute Noten. Sein Klassenkamerad Paul (beide Namen von der Redaktion geändert) hat wegen seines Förderbedarfs im Bereich „Lernen“ gar keine Noten erhalten. Da er nach anderen Bildungszielen („zieldifferent“) unterrichtet wird, erhält er einen ausführlichen Text über das Erreichen seiner speziellen Unterrichtsziele.
Das ist praktizierte Inklusion, die vollständige und gleichberechtigte Teilhabe an allen Lebensbereichen, auch in der Schule. Und zwar in Form von gemeinsamen Unterricht (GU) behinderter und nicht behinderter Kinder. Das gemeinsame Lernen ist jetzt vom Landtag NRW in Gesetzesform verankert worden. Das ist nicht unumstritten, vor allem wegen der Finanzierung. Beginnen soll die Inklusion zunächst in den Klassen 1 und 5.
Dies gibt es in Krefeld bereits an jeder zweiten Grundschule und an verschiedenen Schulen aller Schulformen (Hauptschule, Realschulen, Gesamtschulen und Gymnasien).
Die Schulen, die eine Inklusionsklasse einrichten, werden in jedem Jahr von der Schulverwaltung in Absprache mit der Schulaufsicht festgelegt. Inzwischen geht der überwiegende Teil der Kinder mit Förderbedarf von der Grundschule in eine Inklusionsklasse (Klasse 5) an einer allgemeinbildenden Schule über.
Im Förderschulbereich wurden drei Schulen in sogenannte Kompetenzzentren umgewandelt, in denen, wie auch in den übrigen drei Förderschulen, diejenigen Kinder mit Förderbedarf beschult werden, deren Eltern dies wünschen. Schulverwaltung und Schulaufsicht sehen ihre Aufgabe darin, nach Gesprächen mit den Schulen und deren Schulleitungen, die betroffenen Eltern zu informieren und dann durch eine Bündelung von Förderschwerpunkten Gruppen zusammenzustellen, die eine sinnvolle sonderpädagogische Förderung ermöglichen.
Nach Aussage von Jürgen Maas, dem Leiter des Fachbereichs Schule, und Johannes Mulders, dem zuständigen Schulrat, sind sich Schulaufsicht, Schulverwaltung und die politischen Gremien darin einig, das Wahlangebot zwischen der Beschulung an einer allgemeinbildenden Schule und an einer Förderschule (Kompetenzzentrum) aufrechtzuerhalten.
Während die Grund- und Hauptschulen bereits seit Jahren Erfahrung mit dem gemeinsamen Unterricht haben, betreten die anderen Schulformen seit gut einem Jahr Neuland mit der Einrichtung von Inklusionsklassen. Dies ist notwendig geworden durch die steigende Zahl an Kindern mit Förderbedarf einerseits und durch die Schließung von Hauptschulen andererseits.
Zurzeit sind in den Inklusionsklassen in der Regel 25 Kinder, davon sechs Kinder mit und 19 ohne Förderbedarf. Die Schule erhält Unterstützung durch eine sonderpädagogische Lehrkraft, deren Stundenzahl sich nach dem Förderbedarf richtet. Für den Unterricht bedeutet dies, dass — wann immer es möglich ist — an einem Thema mit unterschiedlichen Lernzielen gearbeitet wird. Dazu sind Differenzierungen notwendig, um den individuellen Bedürfnissen aller Kinder gerecht zu werden. Das wiederum stellt hohe Anforderungen an die pädagogischen Fähigkeiten der Lehrkräfte.