Weihnachtslieder: Woraus ist ein Ros’ noch mal entsprungen?
Die einen singen, die anderen summen unter dem Baum. Die WZ testet, wie textsicher die Krefelder sind.
Krefeld. Wie war das noch gleich? Macht hoch die Tür, die Tor macht was? Und woraus ist ein Ros’ genau entsprungen? Jedes Jahr dasselbe Lied, oder sollte man besser sagen Leid, unter dem Baum. Mit professioneller Unterstützung durch Musiklehrer Gerd Rieger, der die vielen fröhlichen Sänger auf seinem Akkordeon begleitet, hat die WZ den Test gemacht: Wie textsicher sind die Krefelder?
Gleich zu Anfang ein Volltreffer: "Ich sage Euch an, den lieben Advent, siehe die erste Kerze brennt." Bettina Welters singt laut, sicher und vor allem alle drei Strophen. "Ich hatte heute einen schlechten Tag und gerade zwei Glühwein getrunken", sagt die junge Frau, die untergehakt bei ihrer Mutter Christine über den Weihnachtsmarkt an der Dio-Kirche schlendert. Ob das alkoholische Heißgetränk die Zunge gelöst hat oder nicht: Die WZ-Mitarbeiter sind beeindruckt.
Kein Zweifel. Auch Ingeborg Küsters singt gern und viel. Die Stimme muss Enkelin Katharina Schneiders von ihr haben. Denn auch die Zehnjährige schmettert ohne Scheu drauf los: "Dicke rote Kerzen, Tannenzweigduft, und ein Hauch von Heimlichkeiten liegt jetzt in der Luft." Die lustige Melodie schnappt Rieger am Akkordeon schnell auf. Während die Kleine mit glockenhellem Klang zum Besten gibt, was sie mit dem Neersener Kinderchor erst am Sonntag in der Kirchengemeinde vorgetragen hat, bleiben die ersten Passanten stehen.
Eben noch hektisch auf Geschenke-Jagd durch die Stadt geschoben, kramen zwei Damen begeistert in ihrem Portmonee. Für Gerd Rieger gibt es eine besondere Aufmerksamkeit: Hedi Bazzanella hat am Stand nebenan kuschelige Handschuhe für seine verfrorenen Finger erstanden, die dem Instrument seit einer Viertelstunde schon die fröhlichen Töne entlocken. Doch auch sie muss ran: "O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende..." Lachend bricht sie ab. "...Osterzeit?" Aha. Sie hat den eingebauten Fehler in unserem Textbuch entdeckt.
Gut, das war auch wirklich einfach. Aber was tut der See nochmal in dem bekannten Vorweihnachtslied, auf den leise der Schnee rieselt? "Äh...na, helfen Sie mir", fleht Adelbert Lehmann, dem die Passage partout nicht einfallen will. "Still und starr ruht der See. Stimmt. So war’s auch", seufzt er.
Anschubhilfe brauchen auch Anita und ihre Freundin Franziska. Die Schülerinnen sind unterwegs zum Tanzkurs. Am Rhythmus kann es also nicht liegen. Mit vereinten Kräften und unter großem Gelächter gelingt die erste Strophe. "Das fällt mir auch im Unterricht immer wieder auf. Die jungen Leute kennen einfach wenige Weihnachtslieder", sagt Gerd Rieger.
Doch zum Glück ist auf die älteren Semester Verlass: 93 ist die nächste Sängerin, die mit ihrer Tochter Hannelore Stephan einstimmt. Noch einmal schallt "O du fröhliche..." über den Weihnachtsmarkt. Und noch einmal ist auch Monika Bender mit dabei. Schon vier Mal hat sie das Lied heute gesungen. "Aber ich bin ja auch extra zum Singen gekommen. Eine tolle Aktion." Und weil es so schön ist, intoniert sie mit ihrer klaren, hellen Stimme dann noch einmal solo "Stille Nacht, Heilige Nacht". Das hatten wir heute nämlich noch gar nicht. "Ich singe sonst nur für mich. In der Öffentlichkeit habe ich das noch nie getan."
"Und ich singe sonst höchstens in der Badewanne", sagt Annika Pieper, die sich an einen echten Klassiker ihrer Kindheit wagt: "In der Weihnachtsbäckerei, na-na-na-na-naaaa". Na, nu? Das nennt man definitiv einen "Hänger". Gerd Rieger hilft bei Rolf Zuckowski aus der Patsche: "...gibt es manche Leckerei. Zwischen Mehl und Milch macht so mancher Knilch eine riesengroße Kleckerei."
Auf Deutsch kann ja jeder. Jetzt sind Weihnachtslieder auf Englisch an der Reihe: Elder Boyer aus Spring Ville, Utah, in den USA, für die Mormonen auf Mission in Deutschland, gibt sich redlich Mühe: "Jingle Bells, jingle bells..." Der Refrain sitzt, aber dann: "Alles vergessen!" Mit dem Text geht es dann doch weiter. Den nimmt er vor Aufregung sogar gleich mit. Das war’s dann wohl mit fremdsprachigen Weihnachtsliedern am WZ-Bus.
Ihn lösen Schwester Valeriana aus Königshof und Ursula Stegmanns ab: "Leise rieselt der Schnee..." - "...tu mir bitte nicht weh", singt Marco Ritte aus lauter Verlegenheit eine wirklich eigenwillige Version.
Mit der Unterstützung durch ihre Freundin und Chorsängerin Renate Krüger trauen sich auch Gudrun Störbrauck und Helga Weitmann eine kleine Strophe zu: "Süßer die Glocken nie klingen, als zu der Weihnachtszeit...".
"Kling Glöckchen, klingelingeling..." Mit seiner zarten Stimme überrascht Jona Luis (4) seine Mutter. "Nur noch eine Kerze, dann kommt das Christkind."