Aufregende Natur am Cape Leveque

Western Australia. Ich liebe Australien inzwischen sehr. Die Entspanntheit der Menschen, die atemberaubende Landschaft, sogar das Bier. Was mich nervt, ist neben dem Mangel an ordentlichem Käse und Brot die Kostspieligkeit des Reisens.

Das Cape Leveque auf der Dampier-Peninsula besticht mit unberührter Natur.

Foto: Juliane Kinast

Mein Tatendrang, die Dampier-Peninsula rund um Broome etwas näher zu erkunden, hat sich schon fast wieder erledigt, als man mir im Touristenbüro die einzig verfügbare Tagestour für 280 Dollar anbietet. 280 Dollar für 14 Stunden viel Auto und etwas Strand! Für diese Summe habe ich auf der Cattle Station drei Tage lang hart arbeiten müssen. Keine Chance.

Aber ich bin ja nicht nur Cowgirl, sondern auch Journalistin - und habe das Recherchieren noch nicht so ganz verlernt. Und so finde ich eine günstige Mitfahrgelegenheit zum Cape Leveque an der Spitze der Halbinsel: mit dem Postboten. Einer von meinen netten Mitbewohnern im Hostel leiht mir seinen Swag (zur Erinnerung: Outdoor-Schlafsack) und ich campe bei Kooljaman, dem kleinen Touristenort am Kap, unter freiem Himmel. Drei Tage - und ich zahle letztlich nur die Hälfte wie für die exklusive Tagestour.

Letzte Abenteuer am anderen Ende der Welt
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Die 220 Kilometer von Broome bis zum Cape Leveque führen mehrheitlich über eine Straße aus rotem, tiefem Sand. Was den australischen Briefträger nicht davon abhält, auf nahezu 100 Sachen zu beschleunigen. Aber schließlich fährt er die Strecke dreimal pro Woche und kennt jedes Schlagloch. Während er seine Pakete ausliefert, sehe ich unterwegs noch etwas von den Aborigine-Gemeinden Lombadina und One Arm Point - immer wieder steigen hier Familien zu und aus; der Postbote ist das einzige öffentliche Verkehrsmittel - und der Cygnet Bay Perlenfarm.

Kooljaman besteht aus einem kleinen Restaurant und Shop, einem Campingplatz und ein paar Hütten mit Aussichtsterrasse, die man in der Trockensaison anmieten kann. Und aus einem kleinen Leuchtturm, an dem vorbei ein Pfad zum Oststrand führt. Der Sand dort ist noch weißer als am Cable Beach, das Wasser noch klarer und türkisfarbener - und die Dame im Shop hat mir versichert, dass Kooljaman noch nie Probleme mit Krokodilen oder den gefährlichen Giftquallen hatte, vor denen überall im Norden des Landes gewarnt wird. Es ist ein seltenes Glück in Australien: Ein wunderschöner Strand - und man kann tatsächlich unbeschwert baden.

Zudem ist er sogar noch verlassener als ich es aus Broome kenne: Ich laufe anderthalb Stunden geradeaus, mit kurzen Badepausen zum Abkühlen, und begegne nicht einer Menschenseele. Es ist eine andere Welt, als man sie von den wimmeligen Stränden der Ostküste à la Surfers Paradise und Bondi Beach so kennt. Ich liebe den einsamen Westen!

Später am Nachmittag umrunde ich die Spitze des Kap. Auf der westlichen Seite versinkt die Sonne - leider schon um kurz vor sechs - als quietschorangener Ball im Meer. Das eigentliche Spektakel spielt sich aber am Strand ab. Denn hinter einem Streifen weißen Sandes erheben sich dort die roten Klippen des Cape Leveque. Und auf ihnen hinterlässt das diffuse Licht des Sonnenuntergangs ein unglaubliches Farbenspiel. Fast wirkt es, als stünde der Stein in Flammen.

An diesem Abend schlafe ich mit einem sehr breiten Lächeln in meinem Swag ein - bis die Sonne um unverschämte 4.30 Uhr wieder aufgeht, die kaum abgekühlte Luft auf unmenschliche Temperaturen erhitzt und ich unwiderruflich wach bin. Übersät übrigens mit Ameisenbissen. So ehrlich muss man dann ja doch sein: Abenteuer hat auch Schattenseiten. Neben dem Juckreiz gehört dazu, dass mir am zweiten Abend und beim zweiten ultra-romantischen Sonnenuntergang etwas Gesellschaft eigentlich ganz recht wäre. Die Großstädterin und Plaudertasche in mir verträgt die totale Einsamkeit dann doch nur in kleinen Dosen. An Tag drei bin ich ganz froh, als das Postauto vorfährt und mich wieder mitnimmt Richtung Broome. Zu Menschen. Und zu einem richtigen Bett - ohne Ameisen.