Es geht um mehr als die Bundesliga Für diesen riesigen Traum kämpft Fortuna-Juwel Siebert nach seiner Verletzung

Düsseldorf · Nach sechs Monaten Verletzungspause hat der Innenverteidiger große Ziele: den Bundesliga-Aufstieg und die U21-EM.

Düsseldorfs Jamil Siebert im März dieses Jahres beim Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Als der Ball präzise im Winkel einschlägt, platzt die Freude augenblicklich aus Jamil Siebert heraus. Auch seine Teamkameraden können kaum fassen, was dem 22-Jährigen gerade gelungen ist, steht der Innenverteidiger von Fortuna doch mehr für rustikales Verteidigen denn für spektakuläre Traumtore. Und damit nicht genug: Nur ein paar Minuten später jagt Siebert die Kugel im Training am Dienstagmittag erneut ins Netz, diesmal zwar nicht so artistisch, dafür aber mit viel Wucht und voller Überzeugung. Sechs Monate nach seiner schweren Verletzung nähert er sich seinem Zweitliga-Comeback.

Natürlich weiterhin auf seiner angestammten Position im Abwehrzentrum, auch wenn das Eigengewächs nur wenige Minuten nach der von ihm derart exzellent ausgeführten Abschlussübung kurz ins Grübeln gerät. „Ich habe eigentlich schon Bock, vorne die Tore zu machen“, sagt Siebert grinsend. „Aber da hat der Trainer wahrscheinlich etwas gegen, deshalb bleibe ich doch lieber hinten.“ Ohnehin ist er einfach nur heilfroh, seinen Sehnenabriss im Oberschenkel auskuriert zu haben und wieder auf dem Platz stehen zu dürfen.

„Mittlerweile bin ich wieder auf einem sehr guten Stand. Insgesamt war es aber eine schwierige Zeit, vor allem nach der Reha, weil ich danach viel Geduld haben musste“, berichtet der Defensivakteur. „Am Ende hat sich alles ja schon noch gezogen, weil wir weitere Vorsichtsmaßnahmen ergriffen haben, um nicht zu früh in die hundertprozentige Belastung zu gehen. Das war mir, den Physiotherapeuten und meinem ganzen Umfeld zu riskant. Deshalb hat es einen Monat länger gedauert als geplant, aber das macht den Kohl am Ende auch nicht mehr fett.“ Die Hauptsache ist nun also nur noch, dass der Kopf mitspielt. Und das tut er, wenn man Siebert fragt. „Natürlich macht man sich noch ein paar Gedanken. Aber die Angst, dass die Sehne wieder abreißen könnte, ist nicht mehr da. Ich habe mittlerweile drei Spiele in der Regionalliga gemacht und bin da ohne schlechtes Gewissen reingegangen“, erzählt der 22-Jährige. Gegen Uerdingen (1:1), in der ersten Partie überhaupt nach seiner Verletzung, musste er zwar „in den ersten Minuten erstmal wieder reinfinden und gucken, was geht, wie alles funktioniert und wie der Körper reagiert“, sagt Siebert. „In Wiedenbrück war ich am Samstag aber schon wieder voll in den Zweikämpfen drin, habe Bälle gewonnen und meine Pässe gespielt.“

 Jamil Siebert will an
der U21-EM teilnehmen

Trotzdem ist der Weg zurück in die Zweitliga-Startelf nach momentanem Ermessen ein weiter. Tim Oberdorf und Andre Hoffmann liefern Woche für Woche sehr starke Leistungen ab, und hinter ihnen scharrt auch Jordy de Wijs mit den Hufen. „Dass Andre und Tim ihre Sache so gut machen würde, war mir schon vorher bewusst“, betont Siebert, ergänzt aber: „Als ich vor der vergangenen Saison zu Fortuna zurückgekehrt bin, war das nicht anders. Da habe ich nicht damit gerechnet, dass ich so einschlagen und so viele Spielen machen würde. Deswegen: Ich werde wieder hundert Prozent geben – und am Ende des Tages entscheidet der Trainer.“ Allzu viel Zeit will der gebürtige Düsseldorfer also nicht ins Land gehen lassen, bis er wieder zur Stammkraft aufsteigt. Der 22-Jährige will sich rasch für weitere Aufgaben empfehlen. „Ich bin hungrig und weiß, was ich in den vergangenen sechs Monaten verpasst habe. Ich habe einfach Bock, wieder zu spielen.“ Vor allem, weil er große Ziele vor Augen hat: Im kommenden Sommer findet in der Slowakei die U21-EM statt, und Siebert, der in der aktuellen Länderspielpause noch nicht wieder zum DFB-Nachwuchs gestoßen ist, will unbedingt dabei sein. „Im März haben wir den nächsten Lehrgang, und im Sommer steht dann die EM an. Daran teilzunehmen, ist ein brutales Ziel von mir, das ich unbedingt erreichen möchte“, erzählt er. „Nicht jeder kann von sich behaupten, eine U21-EM zu spielen oder gespielt zu haben. Das ist etwas ganz Besonderes, und darauf werde ich in den nächsten Monaten hinarbeiten.“ Allerdings auch auf den Bundesliga-Aufstieg mit Fortuna. „Ja, warum nicht?“, antwortet Siebert. „Wir waren im Sommer schon kurz davor. Dass ich am Saisonende zugucken musste, nervt mich übrigens sehr, weil ich der Mannschaft nicht helfen konnte. Jetzt stehe ich dem Team wieder zur Verfügung – egal, wann es mich braucht.“ Und auch egal, ob als Schütze spektakulärer Traumtore oder als rustikaler Verteidiger.