Nur im Tor gibt’s bei der Fortuna keine Probleme
Pokalgegner Rot Weiss Essen hat einige Schwächen der Fortuna aufgedeckt — vor allem in Sachen Spieleröffnung.
Düsseldorf. Wenn am nächsten Freitag im Anschluss an das Bundesliga-Auftaktspiel von Meister Bayern München gegen den Hamburger SV die zweite Runde des DFB-Pokal ausgelost wird, dann ist auch die Kugel mit der Aufschrift „Fortuna Düsseldorf“ im Pott dabei. Wenngleich auch mit einigem Dusel. Das glückliche Weiterkommen beim Viertligisten Rot-Weiss Essen hat gezeigt, dass Fortunas Trainer Frank Kramer noch einige Baustellen zu bearbeiten hat.
Zwischen den Pfosten muss sich der 43-jährige Allgäuer allerdings keine Sorgen machen. Ob Michael Rensing oder Lars Unnerstall — das Düsseldorfer Torwart-Duo dürfte das beste der 2. Liga sein und würde wohl auch höheren Ansprüchen genügen. Rensing hielt Fortuna bei Union im Spiel und zeigte auch gegen Paderborn starke Paraden, Unnerstall rettete sie nun in Essen zunächst in der zweiten Hälfte, dann noch mehr in der Verlängerung sowie im Elfmeterschießen.
Ganz anders sieht das davor aus. Und das nicht nur defensiv. Innenverteidiger sind im heutigen Fußball die ersten Spieleröffner. Doch sowohl Karim Haggui als auch Christian Strohdiek operieren überwiegend mit langen Bällen. Diese finden vorne aber oft keine Abnehmer. Bei RWE war diese Art von Mittelfeld-Überbrückung zwar ab der 83. Minute in Unterzahl legitim, aber auch zuvor wählten die Innenverteidiger meist die oftmals wenig elegante Lösung. Damit konfrontiert sagte Haggui: „Eigentlich ist das nicht unser Spiel, aber wenn man keine anderen Ideen hat, dann muss man es halt so lösen.“
Dass die derzeit nicht gerade aus ihm heraussprudeln, könnte auch daran liegen, dass es dem Tunesier nach nur sechs Bundesliga-Spielen in zwei Jahren beim VfB Stuttgart an der Adaption des modernen Fußballspiels mangelt. Strohdiek wiederum scheint im vergangenen Jahr in Paderborn stark von der Qualität seines Nebenmannes Uwe Hünemeier gelebt zu haben.
Auch Trainer Kramer war wenig begeistert mit dem Spielaufbau seiner hinteren Linie, suchte den Grund dafür aber in der lauffreudigen Spielweise der Essener. Die hätten die Düsseldorfer immer wieder angelaufen und unter Druck gesetzt: „Wenn es die ersten zwei, drei Mal nicht klappt, wählst du da die andere Variante, die gefahrloser ist.“
Dort hat sich Kramer für Michael Liendl als offensiven Part der Doppel-Sechs entschieden. Doch ob das der Weisheit letzter Schluss ist? Liendl wirkt auf dieser Position etwas verschenkt. Erst recht, wenn das Spiel durch die langen Bälle von Haggui und Strohdiek oft an ihm vorbei läuft. In Christian Gartner und (dem in Essen allerdings gesperrten) Adam Bodzek stehen zwei defensive Mittelfeldspieler zur Verfügung, so dass Liendl offensiver agieren könnte. Das scheint notwendig, da die beiden Außenbahnspieler Sararer und besonders Bolly auf einen guten Zuspieler angewiesen sind, der nicht weit von ihnen weg ist und die große Lücke in der Zentrale zwischen Doppelsechs und Stürmern schließt.
Von Joel Pohjanpalo war bislang so gut wie nichts zu sehen, Mike van Duinen konnte sich bisher nicht aufdrängen. Didier Ya Konan ist quasi alternativlos, so dass sich zwingend die System-Frage stellt. Ist ein 4-4-2 mit zwei Stürmern wirklich ergiebig? Oder ergibt ein 4-2-3-1 mit Blick auf das vorhandene Personal nicht doch mehr Sinn? Gerade Liendl könnte seine Ballverteiler-Qualitäten als „Zehner“ besser zur Geltung kommen lassen. Zudem hat der Österreicher in diesen Regionen auch Möglichkeiten für seinen guten Abschluss. „Ich kann sehr gut als ,Sechser’ spielen, bin in der Eröffnung aber abhängig davon, wie viel und in welche Richtungen vor mir gelaufen wird. Unter dem Strich entscheidet der Trainer, welches System wir spielen. Mal sehen, ob wir darüber sprechen werden.“
Ausgeschlossen ist das nicht. Kramer kündigte nach dem Spiel in Essen an, dass in der Systemfrage „nichts in Stein gemeißelt“ ist und man „immer flexibel sein muss“.