Energie: Eon verkauft Hochspannungsnetz

Mit der freiwilligen Abgabe von Kraftwerken und Netzen will der Konzern Kartellverfahren mit der EU beilegen.

Düsseldorf. Eon-Chef Wulf Bernotat, seit kurzem überwiegend als "Außenminister" für Europas größten privaten Energiekonzern in Brüssel und Berlin tätig, ist ein vielbeschäftigter Mann.

Mittwoch hatte er Großkampftag - Vorlage des die Börse enttäuschenden Quartalberichts. Die Bekanntgabe von Einzelheiten zur von Eon geplanten Abgabe von Netz- und Kraftwerkskapazitäten.

In einem Interview mit der "Zeit" hält Bernotat die Klimaziele der Politik in Brüssel und Berlin für unrealistisch. "Ich fürchte, wir Europäer werden nicht einmal das Kyoto-Ziel erreichen", sagte er. Außerdem hätten sich Teile der Politik bisher davor gedrückt, dem Bürger offen zu sagen, dass es "Klimaschutz nicht umsonst gibt".

Wie immer wirbt Bernotat auch in der "Zeit" für Atomkraft. Angesichts der energiepolitischen Herausforderungen fordert er eine "politische Neubewertung der Kernkraft", klare Rahmenbedingungen für den Bau von Kohlekraftwerken und einen neuen Dialog zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.

Dabei will Bernotat in seiner neuen Rolle als Vermittler zwischen den Welten künftig sogar einen "intensiven Meinungsaustausch" mit Greenpeace suchen.

In seinem eigenen Unternehmen will der Energiemanager wie bereits mehrfach angekündigt den Ausbau der erneuerbaren Energien forcieren. "Bis 2030 wollen wir ein Viertel unserer Energie damit erzeugen", sagte er.

Dennoch warnt Bernotat die Bundesregierung vor übertriebenen Hoffnungen, beispielsweise bei der Windkraft: "Bis 2020 sollen Windräder mit einer Leistung von 15000 Megawatt (MW) im Meer stehen. Bisher haben wir kein einziges. Eon baut erst die erste Pilotanlage."

Zu der im Februar überraschend angekündigten Abgabe des Eon-Hochspannungsnetzes und 4800 Megawatt Kraftwerkskapazität nannte Bernotat gestern erstmals Details. Das Netz soll an einen Betrieber gehen, der bislang nicht in der Strombranche tätig ist. Der Aufsichtsrat hatte am Vorabend den Plänen zugestimmt.

Bernotat will mit dem freiwilligen Schritt erreichen, dass die EU-Kommission derzeit laufende Kartellverfahren gegen Eon einstellt und damit Milliarden-Ausgaben für mögliche Bußgelder sparen. Noch bis Ende Mai soll eine entsprechende Verpflichtungszusage in Brüssel eingereicht werden. Eine Entscheidung zur Einstellung der Verfahren werde voraussichtlich im Herbst 2008 fallen.

Die Zugeständnisse von Eon an Brüssel waren zum Teil auf Unverständnis gestoßen. Der Konkurrent Vattenfall prüft aber ebenfalls einen Verkauf, während RWE und EnBW an ihren Netzen festhalten wollen.

Verkaufen will Eon auch ein Fünftel seiner Erzeugung, darunter 1500 MW aus Minderbeteiligungen an Kernkraftwerken. 1700 MW Kapazität sollen an Steinkohlekraftwerken abgegeben werden, darunter die Werke Rostock, Veltheim und Bexbach.