Milliardenpakete für Staaten

Nach den Banken erwischt es nun immer mehr Länder. Der IWF greift mit Geldspritzen ein.

Düsseldorf. Island ist nur um Haaresbreite an der finanziellen Katastrophe vorbeigeschrammt. Ungarn kommt wohl mit einem blauen Auge davon, Pakistan muss weiter bangen: Die Angst vor dem Staatsbankrott geht um. Was als Immobilienkrise in den USA ihren Anfang nahm und sich anschließend zu einer weltweiten Bankenkrise ausweitete, hat nun auch souveräne Staaten erfasst.

Obwohl es keine Institution gibt, die einen Staat offiziell für pleite erklärt, droht die Zahlungsunfähigkeit derzeit etlichen Ländern. Denn faktisch gilt ein Staat schon als pleite, wenn er seine Schulden nicht mehr zurückzahlen kann. Es reicht bereits, dass ein Teil der Schuldzinsen nicht mehr beglichen wird. Wackelkandidaten sind neben der Ukraine auch Weißrussland und Rumänien. Selbst über den Euro-Ländern Griechenland und Spanien kreist der Pleitegeier.

Schon nach der Beinahe-Pleite Islands keimten Spekulationen auf, dass andere Staaten ein ähnliches Schicksal erleiden könnten. Der Grund: riskante Spekulationen und ein Leben auf Pump. Beispiel dafür ist Ungarn. Seit mehr als einem Jahrzehnt finanziert sich das Land mit Schuldpapieren. Als nun ausländische Anleger im Zuge der Finanzkrise ihre ungarischen Papiere abstießen, war das Land quasi zahlungsunfähig.

Um andere Länder nicht in den Sog hineinzuziehen, verkündeten der Internationale Währungsfonds (IWF), EU und Weltbank, Ungarn mit einem gigantischen Notkredit von 20 Milliarden Euro aus der Patsche zu helfen. Aufatmen kann Regierungschef Ferenc Gyurcsany dennoch nicht. Bis zu 50 000Arbeitsplätze könnte die Finanzkrise kosten, rund 700 000 Beamte und öffentliche Angestellte sollen nächstes Jahr auf ihr 13. Monatsgehalt verzichten, 2,6 Millionen Rentner bekommen ihre 13. Pension nur bis zu einem Betrag von umgerechnet 300 Euro ausbezahlt.

Auch für Pakistan wird der IWF tief in die Tasche greifen müssen: Präsident Asif Ali Zardari benötigt bis zu fünf Milliarden Dollar, um die Kernschmelze seiner Finanzmärkte zu stoppen. Nach Ansicht von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wird nur ein Kredit helfen, "der in den nächsten sechs Tagen zustande kommt". Bei einem Besuch in Islamabad versprach er zudem Mittel aus Deutschland - ohne aber Zahlen zu nennen.

Die Krise wirkt sich hier besonders stark aus, denn die Wirtschaft liegt schon lange brach, die Inflationsrate nähert sich den 30 Prozent. Zudem ist die politische Lage instabil, von Pakistan strömen Taliban-Kämpfer nach Afghanistan ein.

In der jüngsten Geschichte meldete nur ein Staat Bankrott an: Argentinien im Jahr 2001. Das südamerikanische Land entledigte sich damit zwar eines Großteils seiner Verbindlichkeiten, doch das ging auf Kosten der Währung. Weil der Peso abgewertet wurde, verloren die Sparguthaben bis zu 75 Prozent ihres Wertes. Importe wurden teuer, die Arbeitslosenrate stieg, die Auslandsschulden wuchsen. Zudem war das Land nicht mehr in der Lage, neue Kredite aufzunehmen.

Bislang sehen Ökonomen die Gefahren begrenzt. "Wir glauben nicht, dass eine solche Katastrophe in den großen Industriestaaten droht", heißt es beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Doch sobald eine Volkswirtschaft wie Griechenland ins Wanken gerät, helfen nur noch IWF und andere EU-Staaten. Denn die Europäische Zentralbank darf nicht eingreifen.