Ölpreis knackt Rekordmarke - Diesel bundesweit so teuer wie Benzin
Der Ölpreis hat am Mittwoch die psychologisch wichtige Marke von 130 Dollar gebrochen - zugleich kostete Diesel an den Tankstellen erstmals deutschlandweit so viel wie Benzin. Experten warnen vor einer Verknappung des Erdöls.
Hamburg. Der Ölpreis hat am Donnerstag die psychologisch wichtige Marke von 135 Dollar gebrochen - zugleich kostete Diesel an den Tankstellen erstmals deutschlandweit so viel wie Benzin. Der Preis für ein Barrel Öl (159 Liter) der US-Referenzsorte WTI zur Auslieferung im Juli war am Mittag im Terminhandel in New York auf 130,47 Dollar und damit so hoch wie noch nie gestiegen.
Auch die Nordsee-Sorte Brent wurde in London für 129,70 Dollar auf einem Höchststand gehandelt. Das OPEC-Öl erzielte mit 121,02 Dollar am Dienstag ebenfalls eine neue Rekordmarke, wie das Kartell am Mittwoch bekanntgab. Zugleich warnten Experten der Energy Watch Group davor, dass Erdöl schon in den kommenden Jahren knapp werde.
Die wilde Jagd an den Börsen macht sich auch an den Tankstellen bemerkbar: Autofahrer in ganz Deutschland müssen jetzt für Diesel ebensoviel bezahlen wie für Benzin. Nach einer Preisrunde am Dienstag und Mittwoch kosteten im bundesweiten Durchschnitt alle Sorten an Markentankstellen rund 1,52 Euro je Liter, wie Sprecher der Mineralölwirtschaft in Hamburg und Bochum mitteilten.
Ursache seien die hohen Preise für Diesel am europäischen Ölmarkt in Rotterdam. Dort kostete eine Tonne Benzin am Mittag 1088 Dollar, eine Tonne Diesel dagegen 1290 Dollar. Dieser Preisunterschied habe den steuerlichen Vorteil von Diesel von rund 22 Cent je Liter aufgezehrt. Diesel hat damit abermals ein Rekordniveau erreicht und sich allein seit Mitte März um mehr als 15 Cent je Liter verteuert.
Bereits im vergangenen Dezember hatte der Dieselpreis in einigen Regionen den Benzinpreis überflügelt, doch war der Grund damals ein kurzfristiger Preiskampf beim Benzin. "Jetzt haben wir den Eindruck, dass sich diese Tendenz verfestigt", sagte Barbara Meyer-Bukow vom Mineralölwirtschaftsverband (MWV) in Hamburg.
Ursache sei die steigende Nachfrage nach Diesel auf den Weltmärkten. So kauft China nach Aussagen von Experten offenbar vor den Olympischen Spielen große Mengen des Treibstoffs, auch die steigende Zahl von Diesel-Aggregaten zur Stromerzeugung in Afrika, Südamerika und Asien trage zur Erhöhung der weltweiten Nachfrage bei.
Das zur Herstellung von Diesel benötigte Erdöl wird nach Einschätzung von Energie-Experten schon in den kommenden Jahren knapp. Die Ölförderung habe ihr Maximum bereits überschritten, die Nachfrage steige aber weiter, heißt es in einer Studie der Energy Watch Group.
Bis 2030 könnte die weltweite Ölförderung auf die Hälfte zurückgehen. Die Expertengruppe der Ludwig-Bölkow-Stiftung stellt sich damit gegen die vorherrschende Meinung, dass kein Mangel auf den Ölmärkten zu erwarten sei.
Auch der MWV betonte, die wirtschaftlich förderbaren Ölreserven seien mit 181 Milliarden Tonnen so hoch wie noch nie. "Berechnungen zum nahenden Ende der Ölreserven gibt es seit Jahrzehnten", sagte der Hauptgeschäftsführer Klaus Picard in Hamburg.
"Wären sie richtig gewesen, wäre uns das Öl längst ausgegangen." Die Endzeit-Szenarien ließen außer Acht, dass der technologische Fortschritt die Reichweite der Ölreserven um viele Jahrzehnte verlängern werde.
Vier Faktoren gelten als Hauptgrund für den starken Anstieg: Zum einen die Sorge vor einer weiter steigenden Nachfrage nach Rohöl auf den Weltmärkten und daraus möglicherweise entstehenden Versorgungsengpässen. Zum anderen die Haltung des mächtigen OPEC- Kartells, das seine Fördermengen vorerst nicht erhöhen will. Hinzu kommt der schwache Dollar.
Aber auch Spekulationen treiben die Preise nach oben. Seit Jahresanfang ist der Ölpreis um rund ein Viertel gestiegen, binnen eines Jahres hat er sich in etwa verdoppelt. Entspannen dürfte sich die Lage kaum: Analysten gehen von weiter steigenden Preisen aus, die Experten der Investment-Bank Goldman Sachs erwarten sogar einen Zuwachs auf bis zu 200 Dollar in den nächsten zwei Jahren.