Debüt Es braucht Mut, um ins kalte Wasser zu springen
Wuppertal-Ronsdorf · Am 15. Januar liest Journalistin Vera Zischke in der Ronsdorfer Bücherstube aus ihrem Roman „Ava liebt noch“.
Kann eine einzige Entscheidung, die vielleicht gar nicht mit dieser Konsequenz getroffen wurde, ein ganzes Leben verändern? Und gibt es einen Weg zurück, wenn dieser doch vorgezeichnet scheint? Vera Zischke ist Journalistin, Mutter und seit kurzem auch Romanautorin. Mit ihrem Debüt „Ava liebt noch“, der im August 2024 im List Verlag erschien, trifft sie ins Herz aktueller gesellschaftlicher Diskussionen: Wie sehr bestimmen Familie, Karriere und Erwartungen das Leben von Frauen – und was passiert, wenn man plötzlich merkt, dass man sich selbst verloren hat?
Vera Zischke, die bei der Westdeutschen Zeitung zur Journalistin ausgebildet wurde und dort als Redakteurin tätig war, spricht im Literaturpodcast der WZ über Vorstellungen, die das Muttersein idealisieren, und, wie herausfordernd ein Schreibprozess ist, in dem man sich selbst offenbart. Am Mittwoch, 15. Januar, 19.30 Uhr, liest sie in der Ronsdorfer Bücherstube aus ihrem Gegenwartsroman.
Wer sich freischwimmen will, muss den Mut haben, ins kalte Wasser zu springen. Zischkes Protagonistin Ava, dreifache Mutter, befindet sich mit 43 Jahren in einer Identitätskrise, hat das Gefühl, dass ihr Leben gelebt ist, ohne je wieder die Leichtigkeit zu erreichen, die ihm früher zu eigen war – was auch ihre Ehe betrifft: „Wir haben Kinder bekommen, jetzt werden wir langsam alt, und irgendwann ziehen wir in eine ebenerdige Wohnung. Wir werden ein tatteriges Pärchen, das nur deshalb Hand in Hand geht, um sich gegenseitig davon abzuhalten, sich beim Stolpern am Bordstein das Genick zu brechen.“ In ihren Worten steckt Frustration, mitunter Verzweiflung: „Wir werden uns permanent anmeckern, weil jede Geste, jedes Seufzen, jeder Blick mit so viel Vergangenheit aufgeladen ist, dass allein die Gegenwart des anderen reicht, um genervt von ihm zu sein.“
Doch Ava will sich von dieser Verzweiflung nicht einnehmen lassen: Sie beginnt eine egozentrisch geprägte Affäre mit einem fast 20 Jahre jüngeren Schwimmlehrer, durch sie sich offenbar wiederfindet, aber auch ihre Ehe gefährdet.
„Ich habe das Buch in einer Situation geschrieben, in der ich selbst in einer schwierigen Phase war“, erzählt die 44-Jährige. „Um es mit der Metapher vom Schwimmen auszudrücken, waren meine Kinder so alt, dass ich den Kopf schon wieder über Wasser bekommen und gesehen habe, dass es da draußen eine große weite Welt gibt. Aber ich hatte das Gefühl, erst einmal herausfinden zu müssen, wer ich geworden bin.“
Ihr nächster Roman
wird in Wuppertal spielen
Das Muttersein habe sie sehr verändert. „Ich hatte klassische Vorstellungen, wie eine Mutter zu sein hat, auch unterfüttert durch Serien meiner Kindheit, in denen Mütter unendlich geduldig waren und alles im Griff hatten.“ Ihr sei jedoch klar gewesen, dass sie dahinter verloren gehen würde. „Ich habe mich sehr einsam gefühlt und das Bedürfnis verspürt, all das aufzuschreiben.“ Eine Selbstermächtigung, wie sie es nennt. Auch als Journalistin.
„Ich saß abends auf meiner Couch, habe suchmaschinenoptimierte Texte über elektrische Garagentore geschrieben und dachte: Okay, das war‘s jetzt also.“ Von wegen. Aufstehen, nicht liegenbleiben. Und andere inspirieren. „Mir war wichtig, dass sich durch diese Geschichte viele Frauen gesehen fühlen, die ebenfalls mit der Frage kämpfen, ob wirklich alles so zementiert ist, wie es ihnen vorkommt.“ Zudem liebe sie Geschichten wie „Salz auf unserer Haut“ von Benoîte Groult, „in denen Menschen, die sehr verliebt ineinander waren, unter veränderten Vorzeichen immer wieder voreinander stehen und auf den richtigen Moment warten“.
Ihr zweiter Roman ist bereits in Arbeit und wird in Wuppertal spielen. „Wuppertal ist für mich ein magischer Ort, weil ich hier viele verrückte Projekte kennengelernt habe, darunter den Mann, der das Bernsteinzimmer gesucht hat.“ Hier gebe „einen Haufen wilder Vögel, die herausfinden müssen, wie viel Anderssein eine Gemeinschaft aushält.“ Hinzu komme die Topographie der Stadt, „die in diesen Talkessel reingeworfen wurde und sich wie ein Hefeteig ausgebreitet hat“. Irgendwann gehe es aber nicht mehr weiter. „Und das ist etwas, das sinnbildlich für Wuppertal steht.“
Tickets für die Lesung am 15. Januar in der Ronsdorfer Bücherstube (Staasstraße 11) gibt es für 15 Euro über die Webseite