Kunst gegen Klischees: Museum für Islam-Kunst in Toronto
Toronto (dpa) - Die Ansprüche sind groß. Nichts Geringeres als „die Auffassungen der Leute ändern“ will das „Aga Khan Museum“ in der ostkanadischen Metropole Toronto, sagt Direktor Henry Kim in einem Video auf der Museums-Webseite.
Ob morgen oder erst in einer Generation - das kürzlich eröffnete Museum solle bewirken, dass Kunst und Kultur der muslimischen Welt wertgeschätzt würden. Es gilt als das erste große Ausstellungshaus nur für Islamische Kunst in Nordamerika.
Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York sei das Interesse an Islamischer Kunst deutlich gewachsen, weiß die Professorin für islamische Kunst am Boston College, Sheila Blair. „Islamische Kunst meint nicht Kunst für oder von Muslimen und erst recht nicht religiöse Kunst.“ Vielmehr sei nach der weitesten Definition all das gemeint, was aus Ländern stammt, in denen die Mehrheit der Menschen dem islamischen Glauben angehört. Das „Aga Khan Museum“ zeigt etwa 1000 Ausstellungsstücke aus zahlreichen Ländern von Südeuropa bis nach Südostasien, die Entstehungszeit reicht vom 8. bis ins 19. Jahrhundert.
Die Sammlung besteht unter anderem aus Keramiken und Gemälden, Textilien und Büchern, Musikinstrumenten und Miniaturen. Sie wurde von Karim al-Husseini, dem Gründer des Museums, und seiner Familie zusammengetragen. Der 77-Jährige Unternehmer ist zugleich spiritueller Führer - Aga Khan - der Ismailiten, einer schiitischen Strömung des Islam. Auf dem neuen, knapp sieben Hektar großen Geländekomplex in Toronto hat er neben dem Museum ein ismailisches Zentrum errichten lassen, das Räume für kulturelle Veranstaltungen und einen Gebetsraum beherbergt. Als Architekt beauftragte er den japanischen Pritzker-Preisträger Fumihiko Maki.
„Das Museum bietet einen guten Überblick über Islamische Kunst, aber keinen kompletten“, resümiert Kunstprofessorin Blair nach einem ersten Besuch in dem Museum. Durch weitere Zukäufe könne sich das noch ändern. Bislang sei insbesondere das Metropolitan Museum of Art in New York die erste Anlaufstelle für Islamische Kunst in Nordamerika gewesen - dessen große Sammlung dieser Kunst aber nur einen Bruchteil seiner Ausstellungsfläche einnimmt.
Al-Husseini sagt: „Die letzten Jahre haben uns gelehrt, dass die islamische und die westliche Welt effektiver am gegenseitigem Verständnis arbeiten müssen“. Insbesondere seit diese Kulturen mehr und mehr miteinander interagierten und sich vermischten. Dazu solle das Museum beitragen. Kunstprofessorin Blair hält dieses Ziel für erreichbar. „Die Kunst kann eine ausgewogenere Sicht auf den Islam vermitteln.“ Der Islam sei in den vergangenen Jahren vor allem als zerstörerisch dargestellt worden. „Kunst zeigt die schöpferische Seite.“