Pierre Huyghes Kunstschau mit lebenden Tieren

Köln (dpa) - „Es tut mir leid, wir müssen raus!“, ruft Katia Baudin, die derzeitige Leiterin des Museums Ludwig, und scheucht einen Pulk Journalisten vor sich her. „Der Künstler möchte nicht, dass jetzt schon Fotos gemacht werden.

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Die Ausstellung ist wirklich sehr komplex!“

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Selbst ein großes Haus wie das Kölner Museum Ludwig könne eine so komplexe Ausstellung lang nicht jedes Jahr stemmen. Es würden nämlich sogar lebende Tiere gezeigt, und dafür sei das 1986 eröffnete Museum eigentlich nicht ausgelegt. Erstmals habe man deshalb mit dem Zoo und dem Veterinäramt zusammengearbeitet.

Für Tiere ist der französische Künstler Pierre Huyghe bekannt, seit er 2012 auf der documenta in Kassel eine liegende Frauenskulptur mit einem Kopf aus lebenden Bienen präsentierte. Unvergessen ist bei vielen Kunstliebhabern auch der dünne Hund mit einem rosa angemalten Bein, der damals die Karlsauen unsicher machte. Wobei: Unsicher gemacht hat er sie nicht wirklich, er war sehr zutraulich, dieser spanische Podenco. Ein freundliches Tier.

Deshalb ist eine der entscheidenden Fragen für viele Kunstinteressierte mit Sicherheit, ob der Hund auch diesmal wieder dabei sein wird. „Der Hund ist anwesend“, bestätigt Katia Baudin. Zur Stunde sei er zwar noch nicht eingetroffen, werde aber spätestens zur feierlichen Eröffnung am Abend erwartet. Und dann werde er auch während der gesamten Ausstellungsdauer bis zum 13. Juli mit seinem Halter in Köln wohnen.

Die anderen ausgestellten Tiere sind eher klein. In einem Aquarium schwimmen Fische zwischen aufeinandergestapelten Steinen. Baudin sagt, dass Huyghe sagt, dass das im Prinzip genauso ist wie im Museum, wo sich ja auch Lebewesen zwischen arrangierten Objekten bewegen.

Aus einem anderen Aquarium winkt ein Einsiedlerkrebs mit den Scheren. Er schaut aus einem vergoldeten Kopf heraus, der auf dem Boden liegt wie das Relikt einer untergegangenen Kultur. Man sieht schon: Werden und Vergehen ist eines der großen Themen von Pierre Huyghe. Im Moment ist er vor allem mit dem Werden beschäftigt: Bis zum Abend muss die Ausstellung fertig sein, und bis dahin muss er noch fachgerecht Staub auf dem Boden verteilen. „Er ist Perfektionist“, verrät Baudin. Deshalb wird er auch nicht an der Pressekonferenz teilnehmen.

Eine große Sache ist zumindest schon ganz fertig, nämlich eine schwarze Eisfläche, die an einigen Stellen aufgehackt ist. Da es in dem Raum 21 Grad warm ist, schmilzt das Eis, und so verändert sich das Werk vor den Augen der Besucher. „Dieser organische Prozess interessiert ihn“, sagt Baudin. Er habe sogar selbst mal eine Südpol-Expedition mitgemacht.

Das neueste Werk des Künstlers empfängt die Besucher gleich am Eingang: Es ist ein abgewetzter grauer Teppich, der bis letzte Woche noch oben in den Verwaltungsräumen lag. Da wo er ausgetreten ist, gingen die Museumsleute immer zum Kopierer. Doch jetzt hat ihn Huyghe entdeckt und zum Kunstwerk erklärt, er wird demnächst auch in Los Angeles zu sehen sein. Oben in der Verwaltung läuft man jetzt auf blankem Estrich.

Der Hund ist noch immer nicht da, aber „kommen Sie heute Abend wieder, dann sehen Sie ihn“. Hinweis für Tierschützer: Der Hund hat seinen eigenen Ruheraum. Und Gassigehen tut er auf der Rheinpromenade. Wäre ja auch Wahnsinn, wenn man nicht pfleglich mit ihm umgehen würde: Er ist ein wertvolles Kunstwerk.