Meinung Aus dieser EM kann das DFB-Team viel lernen

Mehr als 30 Millionen TV-Zuschauer haben am Donnerstagabend die deutsche Fußball-Nationalmannschaft im EM-Halbfinale verlieren sehen. Es gäbe gute Gründe, auch bei dieser Masse von Fußball-Interessierten die frühzeitige Heimfahrt der Nationalelf mit Gelassenheit hinzunehmen.

Foto: Sergej Lepke

Gut gespielt, sich ein bisschen selbst geschlagen, aber das — bitte schön — kann ja mal passieren. Man muss nicht immer gewinnen. Fertig.

Aber es ist nun nicht des Deutschen erste Tugend, mit lebensfröhlicher Leichtigkeit über Niederlagen bei großen Fußball-Turnieren hinwegzugehen. Darum wollen wir den Versuch auch nicht wagen. Stattdessen suchen wir Verbesserungsvorschläge in der Einbildung, dass diese Haarspaltereien den deutschen Fußball dorthin gebracht haben, wo er jetzt steht: an der Weltspitze.

Zuerst: Der Bundestrainer Joachim Löw wird weitermachen. Warum sollte er auch aufhören oder gehen müssen? Ein paar Tage Zeit hat er sich immer gelassen, das ist die Löwsche Findungsphase. Er hat einen feinen Job, wird gut bezahlt und hat über alle taktischen Diskussionen und auch manchen Fehltritt hinaus etwas geschaffen, was ihn fast alternativlos macht: Löw versteht es wie kein anderer, eine Mannschaft und die veröffentlichte Meinung — letzteres inzwischen etwas maßlos — hinter sich zu bringen. Das ist die wichtigste Fähigkeit eines Auswahltrainers.

Zehn Jahre Cheftrainer, fünf Turniere, fünfmal Halbfinale, zweimal Endspiel, einmal Weltmeister — das bleibt beachtlich. Diese große Stärke ist aber auch eine Schwäche: Sich stets vor das Team zu stellen und die eigene Überlegenheit auch in der Niederlage zu proklamieren, verbindet ihn mit den Spielern, bringt sie aber nicht weiter. Diese Neigung, alles möglichst gelassen weg zu moderieren, ist diesem Kader schon in der Qualifikation zur EM nicht gut bekommen. Damals wurde die Elf weniger gefeiert. Und: Löw muss die Suche nach Abschlussspielern forcieren, die den anderen Raum verschaffen. Seine Erkenntnis, solche Spieler nicht zu brauchen, hat sich überholt. Jetzt spielt dieses technisch starke Ensemble zwar feinen Ballbesitzfußball, schießt aber zu wenig Tore. Wenn diese EM dazu dient, dass nachjustiert wird, dann ist die Chance auf einen WM-Titel 2018 in Russland sicher gegeben. Mit Löw. Auch aus diesem Turnier wird er wieder lernen. Es kann nicht schaden.