Meinung Strafen durchsetzen — im Interesse der Kinder

Ein Blick auf die Geschichte der Schulpflicht kann helfen, die Dinge vielleicht noch einmal zu überdenken, wenn man in der Elternrolle wieder einmal den Plan ausheckt, das Kind früher aus der Schule zu nehmen, weil der Ferienflieger drei Tage vor Ferienbeginn für die gesamte Familie 200 Euro günstiger wird.

Foto: Sergej Lepke

Spätestens die Die Weimarer Verfassung hat der Schulpflicht ein festes Fundament gegeben: Artikel 145 (1) besagte seinerzeit: „Es besteht allgemeine Schulpflicht. Der Unterricht und die Lernmittel (...) sind unentgeltlich.“ Eine wahrhaft sinnvolle Festschreibung eines Grundgedankens, der bis heute Gültigkeit hat, ist das: Bildung verdient Anstrengung aller als höchstes Gut menschlicher Zivilisation, als Basis eines friedvollen Zusammenlebens, als Sicherungstreiber von Wohlstand — und eben als staatliche Organisationsaufgabe. Verbunden mit dem schon 1919 festgehaltenen Gedanken des gleichen Rechts für alle auf eben diese Bildung: „Für die Aufnahme eines Kindes in eine bestimmte Schule sind seine Anlage und Neigung, nicht die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung oder das Religionsbekenntnis seiner Eltern maßgebend.“

Was für eine Errungenschaft! Mit ihr so beliebig umzugehen, wie das auch in Nordrhein-Westfalen ganz offensichtlich immer mehr Eltern machen, wenn sie ihre Kinder nach Gutdünken aus der Schule nehmen, ist fahrlässig — und greift viel weiter, als manche Eltern zu denken scheinen.

Da ist das Vorbild, das sie ihren Kindern geben: Wenn schon die Eltern die Lehranstalt nicht ernst nehmen, ist der Weg nicht mehr weit, die alltäglichen Respektlosigkeiten von Schülern gegenüber ihren Lehrern weiter zu fördern — eben beim eigenen Nachwuchs. Und es ist ungerecht gegenüber jenen, die die Schulpflicht ernst nehmen: Ist jener doof, der die Schule bis zum letzten Klingeln besucht, während sich der heranwachsende Tischnachbar schon in der Sonne aalt?

Das sollten jene berücksichtigen, denen das Gesparte für die günstig gebuchte Urlaubsreise der Eintrag ins Klassenbuch wert ist. Oder die Peinlichkeit, den Arzt um ein falsches Attest zu bitten. Ein Gedanke, der zu noch rigoroserem Handeln auffordert: Wenn das Land diese Strafen konsequenter durchsetzte, hätte es bald dieses Problem nicht mehr. Man täte das mit gutem Gefühl im Interesse der Kinder. Wann kann das eine Strafe schon von sich behaupten?