Meinung Brexit — kein gutes Geschäft

Die Briten waren schon immer Europäer der besonderen Art. Sie wollten den Euro nie und lehnten den Wegfall der Grenzkontrollen im Schengenraum ab. Die Vorstellung einer Union, in der die Völker Europas immer enger zusammenwachsen, entsprach einfach nicht dem britischen Selbstverständnis.

Dem Königreich ging es immer um die wirtschaftlichen Vorteile des Binnenmarktes. Und das möglichst preiswert. Margaret Thatcher schaffte es 1984, den Britenrabatt auszuhandeln. Zwar ist Großbritannien wegen seiner wirtschaftlichen Stärke Nettozahler in der EU, aber wegen des Rabatts hat das Königreich seitdem mehr als 100 Milliarden Euro gespart. Jetzt will man noch mehr: Freihandel wie bisher, aber kein Geld für Brüssel.

Die Austrittsgespräche nach dem Brexit-Votum dauern lediglich zwei Jahre. Gibt es in dieser Frist kein Abkommen, endet die EU-Mitgliedschaft. Kein Vertrag wäre besser als ein schlechter, hat Premierministerin Theresa May gesagt. Es gehört zum Wesen solcher Verhandlungen, vorher möglichst selbstbewusst aufzutreten. In Wahrheit fehlt Mays Drohung die Substanz. Großbritannien kann sich ein Scheitern der Gespräche weit weniger leisten als der Rest der Gemeinschaft. Kluge Politiker wie May haben den Brexit deshalb auch nicht gewollt. Die EU-Staaten sind mit Abstand der wichtigste Handelspartner des Königsreichs. Während London das Ziel verfolgt, die Brexit-Kosten so klein wie möglich zu halten, versucht Brüssel das Gegenteil. Die Botschaft kann nur heißen: Es darf sich auf keinen Fall lohnen, der EU den Rücken zu kehren.

Angesichts der Brexit-Gespräche muss die EU sich fragen, wohin sie als Gemeinschaft will. Mehr oder weniger Nationalstaat, mehr oder weniger Macht für Brüssel? Diese Fragen sind offen. Dennoch gehen in diesen Tagen vor allem junge Menschen auf die Straße, weil sie an das Projekt Europa und seine friedenssichernde Kraft glauben. Ein starkes Signal der Zuversicht.