Meinung Rot-Rot-Grün schreckt viele Wähler ab
Während Angela Merkel gleich mehrere Koalitionsmöglichkeiten hat — mit FDP, SPD oder den Grünen —, konnte Martin Schulz bisher immer nur auf mögliche Dreierbündnisse verweisen, entweder mit FDP und Grünen oder mit Linken und Grünen.
Bei beiden Varianten ist nicht klar, ob die jeweiligen kleineren Partner mitmachen würden und wenn, ob solche Bündnisse überhaupt funktionieren könnten. Ohne Aussicht auf eine eigene Mehrheit aber verliert der SPD-Kanzlerkandidat das, was ihn politisch so attraktiv macht. Dann ist der Hype vorbei.
Seit Sonntag ist es für die SPD noch schlimmer. Im Saarland schien eine rot-rote oder rot-rot-grüne Machtübernahme nahe. Die dortige SPD und auch Schulz ergriffen diesen Strohhalm sofort. Das war der entscheidende Fehler. Die Leute wollen keine linke Experimentalregierung, ganz bestimmt nicht in der alten Bundesrepublik. Sie wollen vielleicht, dass es gerechter zugeht in Deutschland. Aber sie wollen gleichzeitig auch, dass die wirtschaftliche Leistungskraft erhalten bleibt. Sie wollen zudem, dass eine Regierung stabil ist. Sie wollen kein Abenteuer. Zu Recht. Die Lesart, dass schon ein oder zwei Prozentpunkte mehr für die Grünen die Lage im Saarland und damit die Betrachtung komplett verändert hätten, weist in die Irre: Die Ablehnung eines drohenden Links-Bündnisses hat der Union geholfen und die Wahl entschieden. Und so wäre es auch im Bund.
Schulz muss die in seiner Partei gehegten Träume für den Herbst nun schleunigst herunterdimmen. Im Bund geht es außer um die wirtschaftliche Stabilität auch um Außenpolitik, um die Währung, um Europa. Alles Themen, wo eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung Sahra Wagenknecht nicht mit am Ruder sehen will. Und wo niemand sich vorstellen möchte, dass in Krisensituationen erst nächtelang Koalitionsausschüsse mit drei Parteien tagen müssen. Am Ende würde nicht Schulz Deutschland regieren, sondern der kleinste gemeinsame Nenner zwischen Sektierern und Realisten. Was bleibt der SPD? Sie muss sich teurer verkaufen nach allen Seiten, unabhängiger. Gegenüber der Union muss klar sein, dass man auf Kurskorrekturen bei der Steuergerechtigkeit und in der Sozialpolitik bestehen wird. Und gegenüber den Linken, dass es absolut kein Abrücken vom Kurs außenpolitischer Vernunft gibt. Das Ziel der SPD, stärkste Partei zu werden, ist immer noch drin.