Meinung Neuer Bahnchef: Auf der richtigen Schiene

Es ist auf keinen Fall eine schlechte Idee, einen aus einer Eisenbahnerfamilie stammenden Betriebswissenschaftler, dessen Leidenschaft das Schachspiel ist, zum Chef der Deutschen Bahn zu machen. Die Bahn zu mögen, kalkulieren und die Züge der Politik vorausberechnen zu können, das sind sehr wichtige Anforderungen an den Job.

Und wenn der Mann, so wie Richard Lutz, „erst“ 52 Jahre alt ist, kann er sogar vielleicht etwas langfristiger gestalten. Was bei einem so großen Unternehmen nur richtig ist.

Die gute Personalentscheidung von Verkehrsminister Alexander Dobrindt hat verhindert, dass Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla das Ruder schon jetzt übernehmen konnte. Der hat zweifellos seine Qualitäten, aber er ist bisher doch eher mit der Politik und mit seiner Karriere verheiratet als mit dem System Schiene. Vielleicht ändert sich das ja noch mit der Zeit. Von Lutz wird man jedenfalls sofort echtes Herz für das Basisgeschäft der Bahn erwarten können. Der Mann steht für Bodenständigkeit, nicht für hochfliegende Börsenpläne, nicht für Auslandsabenteuer und auch nicht für nutzlosen Schnickschnack.

Genau das ist es, was die Bahn braucht, um für ihre Kunden im Personenverkehr noch attraktiver zu werden: Aufmerksamkeit im Detail, beständige Verbesserung, beständige Innovationen. Obwohl, wer die deutschen Züge einmal mit denen im Ausland vergleicht, anerkennen muss, dass es ein Klagen auf hohem Niveau ist. Verbesserungen sind freilich immer drin: Bei der Pünktlichkeit zum Beispiel oder nach wie vor bei der Information der Fahrgäste, beim Fahrradtransport im ICE und in Urlaubszeiten auch in den Regionalzügen, bei Nachtzügen, bei der Sauberkeit, beim digitalen Service an Bord. Es ist der Faktor Behäbigkeit, dieses „Haben wir noch nie gemacht“, der der Bahn häufiger im Weg steht als entlaufende Kühe. Für den Anfang wäre es übrigens ein schönes Signal des Pfälzers Lutz, wenn er aus der Deutschen Bahn wieder eine deutsche Bahn machen würde und den „Meeting Point“ zum Treffpunkt, die „BahnCard“ zur Bahnkarte und aus der „City“ eine Stadt.

Der Personenverkehr ist auf der richtigen Schiene, der Güterverkehr nicht. Hier aber liegt es nicht an der Bahn, egal wie der Vorstandschef heißt, hier liegt es an der Politik. Der Transport auf Lastwagen wird grandios bevorzugt, der auf der Schiene vernachlässigt. Hier die Dieselsubvention, dort die hohen Trassenpreise. Hier die permanenten Verbreiterungen von Autobahnen, dort stockende Investitionen in die Infrastruktur. Müssten die Lkw-Spediteure auch für ihre Umweltschäden geradestehen, dann würde es so teuer, dass nur noch die sensibelsten Just-in-Time-Güter auf der Straße transportiert würden. So lange freilich im Verkehrsministerium lieber in Asphalt gedacht wird als in Schiene, wird sich daran nichts ändern.