Meinung Brexit-Verhandlungen - Eine Lösung, die keine ist

Das nennt man wohl die hohe Kunst der Verhandlungsdiplomatie. Die britische Premierministerin Theresa May musste unbedingt in dieser Woche den „Durchbruch“ bei den Brexit-Verhandlungen verkünden, um ihr politisches Überleben zu sichern.

Foto: Sergej Lepke

Die EU sitzt zwar bei den Verhandlungen mit den Briten am längeren Hebel, wollte es sich aber nicht leisten, in Großbritannien innenpolitische Verwerfungen auszulösen. So verkündeten EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und May am Freitag nach kurzen Gesprächen am frühen Morgen: Es ist geschafft.

Was aber ist geschafft? Nichts. Denn der Streit, der am Montag den Durchbruch verhindert hatte, ist auch jetzt nicht gelöst. Die Frage, wie die Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem Bald-nicht-mehr-EU-Mitglied, dem britischen Nordirland, aussehen soll, ist weiter offen. Die EU will keine harte Grenze mit Personen- und Grenzkontrollen. Die Briten wollen ihre „konstitutionelle und ökonomische Integrität“ wahren. Die Kompromissformel lautet, dass alles so lange beim Alten bleiben soll, bis eine Lösung für die Grenze gefunden ist, der alle zustimmen können. Der Ärger ist also nur vertagt.

Jetzt beginnt die eigentliche Herausforderung. Denn Theresa May hat bereits massive Zugeständnisse an Brüssel gemacht. Ihr innenpolitischer Spielraum ist nur noch minimal. Weitreichende Kompromisse bei den Verhandlungen über ein Handelsabkommen etwa wird sie im eigenen Land kaum durchsetzen können. Dann nämlich wird vielen erst klar werden, wie teuer sie der Brexit zu stehen kommt.

Die EU aber kann auf Zeit spielen. Und so könnte es für die Briten, die sich vom Brexit maximalen Nutzen aus dem EU-Binnenmarkt ohne lästige Verpflichtungen wie die Zuwanderung aus EU-Ländern versprochen hatten, zum schlimmsten Szenario kommen. Bis alles vertraglich geregelt ist, gelten alle EU-Verpflichtungen. Nur mitbestimmen dürfen sie dann schon nicht mehr.