Meinung Das Bahn-Desaster

Meinung · Eigentlich kann von den Recherchen des ARD-Magazins „Kontraste“ niemand so richtig überrascht sein. Erschreckend ist allerdings, dass das Ausmaß des Desasters die Erwartungen noch übertrifft.

Kommentar Rolf Eckers

Foto: Sergej Lepke

Die Deutsche Bahn ist in einer miserablen Verfassung. Unpünktliche Züge, ein marodes Schienennetz, fehlendes Personal – nichts funktioniert. Wie schlimm es um das Unternehmen steht, ist spätestens seit September dieses Jahres klar. Damals schrieb Konzernchef Richard Lutz einen Brandbrief an seine Führungskräfte. Die Lage bei der Bahn sei verheerend, sämtliche Ziele würden nicht erreicht, Verantwortung werde hin- und hergeschoben, Entscheidungen nicht getroffen. Ein ungewöhnliches Dokument, das die Unfähigkeit jener belegt, die bei der Bahn das Sagen haben.

Ein Aufschrei hätte nach einem solchen Brief durch die Republik gehen müssen. Das geschah aber nicht, weil alle mit der Causa Hans-Georg Maaßen beschäftigt waren. Dabei ist der Zustand der Bahn von zentraler Bedeutung dafür, ob dieses Land seine Mobilitätsprobleme wird lösen können. Alle wissen, dass der Güter- und Personenverkehr wächst und wächst. Ohne ein leistungsfähiges Angebot auf der Schiene geht da wenig. Nicht Dauerstau gilt es zu vermeiden, sondern auch das Reißen von Klimazielen.

Das Prestigeobjekt Stuttgart 21 wird letztlich acht oder zehn statt vier Milliarden Euro kosten und vielleicht 2025 fertig sein. Viel zu lange hat das Unternehmen in solchen Unsinn investiert, statt die vorhandene Infrastruktur in Ordnung zu halten. Viel zu lange wurde bei Personal und Zügen nur gespart, statt sich auf mehr Verkehr vorzubereiten. Und wer ist schuld? Klar, zunächst der Vorstand, der den Laden vor die Wand fährt. Mindestens so sehr aber auch die Politik, die diesen Staatsbetrieb nur am Rande zur Kenntnis nimmt. Vielleicht sollte Verkehrsminister Andreas Scheuer mal eine längere Dienstreise durch die Schweiz unternehmen. Dort lässt sich bewundern, wie leistungsstark Bahnen sein können.