Meinung Das Polizeigesetz darf nicht durchgepeitscht werden

Burkhard Hirsch saß am Donnerstag von morgens bis weit in den Nachmittag hinein im Landtag und verfolgte die Anhörung zum neuen NRW-Polizeigesetz. Man kann das als Warnung verstehen. Zusammen mit dem einstigen Bundesinnenminister Gerhart Baum hat der frühere Landesinnenminister angekündigt, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, sollten an dem Gesetz nicht wesentliche Punkte geändert werden.

Foto: Sergej Lepke

Die beiden Bürgerrechts-Veteranen der FDP verfügen auf dem Gebiet der Verfassungsklage über eine eindrückliche Erfolgsbilanz.

Man muss ihre Einschätzung nicht teilen. Man kann darauf verweisen, dass Hirsch (88) und Baum (85) in einer anderen Zeit geprägt wurden, in der es die perfiden Terrorformen der Gegenwart noch nicht gab. Aber man sollte zur Kenntnis nehmen, dass die Bedenken und der Widerstand gegen die geplanten Verschärfungen mehr sind als oppositionelles Ritual. Die Baum/Hirsch-Partei ist immerhin Teil der Regierungskoalition.

In Bayern, wo ein ähnliches Gesetz Mitte Mai verabschiedet wurde, haben SPD und Grüne bereits Verfassungsklagen angekündigt und teils schon eingereicht. Die CSU hat ihre Mehrheit dabei nach dem Motto „Augen zu und durch“ genutzt. NRW wäre gut beraten, sich das nicht zum Vorbild zu nehmen. Ein Gesetz, das so massiv in die Bürgerrechte eingreift und einen völlig neuen Gefährdungsbegriff prägt, darf nicht durchgepeitscht werden.

Noch vor der Sommerpause, spätestens aber im Herbst rechne er mit einer Verabschiedung, hatte Innenminister Herbert Reul (CDU) bei der Vorstellung der Eckpunkte des Gesetzes gesagt. Da war es Mitte Februar. Bei den Plenarsitzungen in der kommenden Woche steht das Polizeigesetz nicht auf der Tagesordnung. Und dort hat es auch in der letzten Sitzungsphase vor den Sommerferien (11. bis 13. Juli) noch nichts verloren.

Einen ganzen Tag lang haben Gutachter im Dutzend am Donnerstag ihre Einschätzungen abgegeben. Seriös lassen sich die komplexen Stellungnahmen nicht innerhalb nur eines Monats abwägen. Es sei denn, Schwarz-Gelb hätte sich schon im Vorfeld auf ein paar zur Beruhigung gedachte Zeichen des Entgegenkommens verständigt, um im Gegenzug bei der Verabschiedung aufs Tempo zu drücken.

Er wünsche sich einen breiten Rückhalt für das Gesetz, erklärte ein Polizeigewerkschafter im Rahmen der Anhörung. Zeitdruck ist dafür die schlechteste Methode.