Aus der Zeit gefallen Der politische Aschermittwoch - ein Auslaufmodell
Meinung · Abgenutzt, ausgelatscht. Tradition hält nicht ewig. Das gilt auch für den Politischen Aschermittwoch. Und nie in den vergangenen Jahren war das deutlicher als diesmal.
Ohne von Bierdunst geschwängerte Luft, ohne Holzbänke und Maßkrüge, ohne Gamsbart und Krachledernes hat sich der verbale Schlagabtausch in seiner Corona-Version als das entpuppt, was er eigentlich schon seit vielen Jahren ist: als Auslaufmodell.
Es wirkte noch gestelzter als mit Publikum wie Markus Söder, Armin Laschet, Christian Lindner, Claudia Roth und auch Annalena Baerbock sowie Bodo Ramelow versucht haben, mit ach so deutlichen Worten die Hoheit über den deutschen Stammtischen zu erobern.
Alter Wein in neuen Schläuchen, alles schon gesagt, nur nicht so laut. Die Schenkelklopfer haben in der Vergangenheit vieles von der Peinlichkeit übertönt, die der politische Aschermittwoch zunehmend ausstrahlt. Es ist eben nicht mehr die Zeit von Franz Josef Strauß und Herbert Wehner. Spitzzüngigkeit – vermeintliche und echte – ist in der modernen Kommunikation mit ihren vielen Sendemöglichkeiten Alltag geworden. Wie wenig sich das aktuelle Politiker-Establishment darüber erheben kann, ist durch die Abwesenheit von Anwesenheit unüberhörbar geworden.
Wenn dieser Politische Aschermittwoch überhaupt etwas Erhellendes gebracht haben sollte, dann die Erkenntnis, dass Markus Söder seinen Widerpart um die Kanzlerkandidatur der Union nicht besonders fürchtet. Armin Laschet war Stargast der CSU – wenn auch nur digital, natürlich. Aber Söder wäre dieses Risiko auch in einem vollbesetzten Festzelt eingegangen. Er wollte die Welt wissen lassen, wer in der Union den Ton angibt. Laschet hat ihm diesen Gefallen getan.
Doch auch dafür hätte es keinen digitalen Aufguss eines schal gewordenen Politspektakels geben müssen. Das wissen die Bundesbürger schon lange. Dafür sprechen seit Monaten alle Umfrageergebnisse Söders.