Meinung Der Wahlsieg Macrons und die deutsche EU-Politik: Balanceakt für Berlin

Die Begeisterung über den Wahlsieg von Emmanuel Macron ist groß. Auch in Deutschland. Die Bundeskanzlerin nannte den Triumph des smarten Franzosen „ein klares Bekenntnis zu Europa“. Dabei wird leichthin vergessen, dass Macron von vielen seiner Landsleute lediglich als kleineres Übel betrachtet wird.

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Foto: k r o h n f o t o .de

Von der Rechtspopulistin Marine Le Pen wollte man doch lieber nicht regiert werden. Oder vielleicht noch nicht?

Die Einschätzung von Angela Merkel taugt jedenfalls nur bedingt. Soll Europa tatsächlich wieder zur Herzensangelegenheit werden, dann kann auch Deutschland nicht einfach so weitermachen wie bisher. Macron braucht schnelle Erfolge im Kampf gegen die französische Wirtschaftskrise. Und Berlin muss dem neuen Hoffnungsträger dabei helfen. Ansonsten wäre ein Sieg Le Pens nur auf die nächste Wahl in fünf Jahren vertagt. Und dann würde es richtig teuer. In jeder Hinsicht.

Lediglich etwa jeder siebte Franzose vertraut noch dem politischen System. Drei Viertel halten ihre wirtschaftliche Lage für mies. Schon diese wenigen Zahlen zeigen, wie groß die Herausforderungen für Macron sind. Hinzu kommt eine weit verbreitete Abneigung gegenüber der deutschen EU-Politik. Berlin gilt als Oberlehrer, der alle anderen gängelt, insbesondere in Sachen Schulden. Le Pen hatte das im Wahlkampf mit der spitzen Bemerkung auszuschlachten versucht, dass Frankreich in jedem Fall von einer Frau dominiert werde - entweder von ihr oder von Angela Merkel. Und da ist auch etwas dran.

Bislang war die deutsche Haltung vereinfacht gesagt so: Macht ihr in Paris erst einmal Reformen, dann sehen wir weiter. Und in der Tat steht eine Art Agenda 2010 in Frankreich noch aus. Ohne Reformen etwa beim starren Arbeitsrecht dürfte auch der Schuldenabbau kaum zu stemmen sein. Derart wenig populäre Maßnahmen müssen allerdings europäisch flankiert werden.

Zum Beispiel durch ein groß angelegtes Investitionsprogramm. Hier mauert vor allem der deutsche Finanzminister. Bleibt es dabei, wird Macron keinen Erfolg haben. Kompromisse sind also notwendig. Für Merkel wird das deutsch-französische Verhältnis damit auch zum Balanceakt zwischen europäischer Vernunft und den Erwartungen der eigenen Bevölkerung.

Macron hat sich schon länger als europäischer Integrator empfohlen. Bereits vor einigen Jahren brachte er einen gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzminister der EU ins Gespräch. Auch für Eurobonds kann er sich erwärmen. Die hat Deutschland immer abgelehnt, und soweit muss es auch nicht kommen. Jedes Land ist für seine Schulden letztlich selbst verantwortlich. Aber ohne eine stärkere Kooperation im Euro-Raum wird die Gemeinschaftswährung auf Dauer kaum bestehen können. Ein wirtschaftlich starkes Europa auch nicht. Paris und Berlin können sich hier als Motor erweisen. Die Chancen dafür sind mit dem Wahlsieg Macrons greifbar geworden. Es ist an Berlin, sie wahrzunehmen.

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