Die Achillesferse des Ministeriums
Verteidigungsminister de Maizière lehnt einen Rücktritt ab
Thomas de Maizière wusste, dass er den unbequemsten Stuhl in Kanzlerin Merkels Kabinett übernahm, als er im März 2011 auf Karl-Theodor zu Guttenberg als Verteidigungsminister folgte. Das Ressort ist verkrustet, seit Jahrzehnten folgt Reform auf Reform — aber keine wird zu Ende geführt.
Das sollte der ruhige Generalssohn ändern. Sein Prinzip: Sachlichkeit und Überblick bewahren. Anders als sein Vorgänger, der alles zur Chefsache erklärte und damit fast täglich die Marschrichtung änderte. De Maizière hingegen delegierte, eben weil er die Struktur ändern und zur Verantwortung erziehen wollte.
Das schlägt zwar nun im Fall „Euro Hawk“ auf ihn zurück, heißt aber dadurch nicht automatisch, dass sein Ansatz falsch ist. Insofern ist es richtig, dass er die Flinte nicht ins Korn wirft, sondern die Vorgänge eher als Bestätigung für einen dringenden Kulturwechsel wertet. Sehr zur Erleichterung der Kanzlerin. De Maizière ist für sie nach wie vor alternativlos.
Der Rüstungsbereich ist seit jeher die Achillesferse des Ministeriums. Schnell geht es um Milliarden, je komplexer der Sachverhalt, desto eher ist man geneigt, sich auf Köpfe zu konzentrieren.
Darüber wird schnell vergessen, dass viele Interessengruppen mitmischen. Vor allem, wenn es um deutsche Waffenschmieden geht, wird so manche millionenschwere Kröte geschluckt, weil die Firma mit Stellenabbau droht, weil der jeweilige Wahlkreis-Abgeordnete sich empört, um seine Wiederwahl zu sichern.
Nicht zuletzt ist der Rüstungsbereich ein besonders kniffliger Teil der Bundeswehr. Traditionell mit zivilen Angestellten besetzt, hat sich über die Jahrzehnte ein besonderes Selbstverständnis herausgebildet: Die Zivilisten sehen sich selbst über dem Militär.
Dass de Maizière bei der Reform auch ihren Bereich stark stutzen will, nehmen ihm viele übel und üben Widerstand. Nicht alle werden darüber traurig sein, dass der Dienstherr nun unter Beschuss steht. Freier Fluss für Informationen ist so unwahrscheinlich.
Der Minister tut daher gut daran — und vor einer Wahl umso mehr — seine Getreuen nicht einfach zu opfern. Allen voran Staatssekretär Stéphane Beemelmans, der ihn seit 20 Jahren begleitet. Der Minister hat ihm in der Sache recht gegeben. Das hält die Tür auch für ihn offen.