Meinung Die Chefs sind in der Pflicht
Das Ergebnis der Umfrage der Deutschen Beamtenbund-Jugend NRW kann niemanden überraschen. Aggressives Verhalten nimmt seit Jahren in allen Lebensbereichen zu — warum sollte diese üble Entwicklung ausgerechnet vor den Amtsstuben in Nordrhein-Westfalen ein Ende haben?
Selbst (immerhin bewaffnete) Polizeibeamte beklagen zunehmend, mit absoluter Respektlosigkeit behandelt zu werden, körperliche Attacken inklusive. Wer hätte sich vor ein paar Jahren vorstellen können, dass Rettungssanitäter im Noteinsatz angegriffen und schwer verletzt werden? Das alles ist heutzutage Realität.
Daher ist die Forderung nach intelligenten Alarmsystemen leider die beste Lösung, um die Mitarbeiter in den Ämtern und Behörden angemessen zu schützen. Das kostet aber viel Geld — also ist angesichts leerer Landeskassen eine zeitnahe Umsetzung praktisch ausgeschlossen. Die DBB-Jugend NRW lässt aber nicht locker, und das ist gut so. Politik und Arbeitgeber werden immer wieder daran erinnert, dass dringender Handlungsbedarf besteht.
Apropos Handlungsbedarf: Die ausdrückliche und mehrfach wiederholte Forderung, die Behördenleiter mögen sich doch bitte hinter ihre Mitarbeiter stellen, macht nachdenklich. Kann es wirklich sein, dass vielen Amtsleitern das Wohl und Wehe ihrer Mitarbeiter herzlich egal ist? Ganz und gar nicht hinzunehmen wäre es, wenn die Chefs ihre Fürsorgepflicht nicht ernst nehmen und tatsächlich Mitarbeiter behindern, wenn sie nach Übergriffen Anzeigen erstatten möchten. Das sollte nicht nur die DBB-Jugend im Blick behalten.
Ein Problem ist , dass es im öffentlichen Dienst nicht einen obersten Dienstherren gibt. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) ist zum Beispiel für die Polizei zuständig, NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) für die Finanzämter, in den Kommunen haben die Bürgermeister das Sagen. Eine Instanz, die für alle Ansprechpartner ist, wäre wünschenswert.