Meinung Die Küken und der Markt

Auch wenn vielen das Herz aufgeht angesichts der putzigen gelben Tierchen, die Küken-Tötung in Deutschland folgt schlichtweg den Marktmechanismen, für die jeder Verbraucher mitverantwortlich ist. Die meisten Konsumenten wollen billiges Hühnerfleisch von bester Qualität — was in sich schon widersprüchlich ist.

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Und ein Ei gehört nicht selten zum täglichen Bedarf. Männliche Eintagsküken werden aber weder prall noch legen sie Eier. Sie verursachen Kosten. Deswegen greift die industrialisierte Lebensmittelindustrie zur rabiaten Kükentötung.

Und Fakt ist: Das System der Massentierhaltung preist Tiere zum Wegwerfen ein. Der Wettbewerb ist knallhart und nur für denjenigen lohnend, der Zigtausend Hühner gleichzeitig mästet und sie am Fließband tötet und zerteilt. Das ist bitter, aber wahr. Auf dieser Grundlage hat das Oberlandesgericht Münster gestern entschieden.

Die Botschaft der Richter ist klar: Den Tierschutz allgemein im Grundgesetz verankert zu haben, bedeutet nicht automatisch, dass Hühner, Schweine oder Kühe glücklich gemacht werden müssen. Auch das Tierschutzgesetz ist da in seiner Auslegung dehnbar. Gleichwohl muss man kein ausgewiesener Tierfreund sein, um zu erkennen, dass es nicht in Ordnung ist, wenn Millionen Küken jedes Jahr geschreddert oder vergast werden.

Deshalb ist es richtig, was die Bundesregierung will. Sie treibt ein Verfahren voran, mit dem vor dem Schlüpfen eine frühzeitige Geschlechtererkennung möglich ist. Die Geflügelwirtschaft soll dann verpflichtet werden, es anzuwenden. Das kommt dem heute vor Gericht abgelehnten Verbot der Kükentötung gleich. Vielen Tierfreunden wird dies aber nicht weit genug gehen. Oder die praktische Umsetzung dauert ihnen zu lange. Aber es ist der Weg, durch den sich Ökonomie und Ökologie bei den Küken einigermaßen miteinander verbinden lässt — so lange sich eben am Willen und Verhalten der meisten Verbraucher nichts ändert.