Die Rente wird zum Wahlkampfthema

Wolfgang Radau über die Diskussionen zum Thema Rente.

Im Ton ist Alt-Bundespräsident Roman Herzog moderater geworden. Wo er noch vor drei Wochen das Schreckgespenst einer "Rentnerdemokratie" an die Wand gemalt hatte, die die Nachfolge-Generation ausplündert, spricht er jetzt von einem neuen Generationenvertrag: Für die Jüngeren müsse noch was übrigbleiben im Rententopf.

Eine Lösung des Problems der Altersarmut hat aber auch der jüngste Herzog-Vorstoß nicht in greifbare Nähe gerückt. Das trifft ebenso auf Jürgen Rüttgers zu. Der fordert für Menschen, die 35 Jahre und länger gearbeitet haben, eine Rente deutlich über der sozialamtliche Grundsicherung. Wer das finanzieren soll, lässt sich nur vermuten: der Staat. Herzog will den Arbeitnehmern "mehr Netto vom Brutto" geben - damit sie sich etwas zurücklegen können. Die Geldquelle ist dieselbe wie bei Rüttgers.

Gut an der Diskussion ist, dass sie überhaupt in Gang gekommen ist. Die rot-grüne Agenda 2010 hat unser Land längst noch nicht zukunftsfähig gemacht. Der amtierende Bundespräsident Horst Köhler trifft den Nerv, wenn er eine Fortsetzung mit Ziel 2020 fordert. Ein Zukunftsmodell ist das nicht, wenn die Bezieher kleiner Renten tagtäglich die Teuerungs-Keule spüren und sich nur alle paar Jahre über 1,1 Prozent mehr Einkommen freuen dürfen. Das alte Prinzip der Rentenkasse funktioniert nicht mehr. Die Hauptschuld trägt der Staat, der die Rücklagen über Jahrzehnte ausgebeutet hat.

Heute will der CDU-Bundesvorstand im parteiinternen Streit die Wogen glätten. Es sei ein Kompromiss zu erwarten, heißt es in Berlin. Man erinnere sich: 2006 hatte Rüttgers in Dresden die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I durchgesetzt. Was er diesmal einfordert, hatte sich die CDU bereits 2003 in Leipzig vorgenommen: für langjährige Vollzeitarbeiter eine Rente mindestens 15 Prozent über der Sozialhilfe, auf Bedürftigkeit abgeprüft, nötigenfalls steuerfinanziert.

Auch wenn das nicht seine Absicht war - die neuerliche Wortmeldung von Roman Herzog kommt Jürgen Rüttgers gerade recht. Schon jetzt genießt der Chef des zahlenmäßig stärksten CDU-Landesverbandes die große Zustimmung seiner Mitglieder. Daran kommt man auch in Berlin nicht vorbei - kurz vor dem Beginn der Wahlkämpfe im Bund und im Land.