Die subjektive Macht der Zahlen

Die Zählweise in der Polizeilichen Kriminalstatistik

Die Verfasser der Polizeilichen Kriminalstatistik 2011 (PKS) haben es mit entwaffnender Offenheit selbst in ihr Vorwort geschrieben: „Die Polizeiliche Kriminalstatistik bietet somit kein getreues Spiegelbild der Kriminalitätsentwicklung, sondern eine je nach Deliktsart mehr oder weniger starke Annäherung an die Realität.“ Wohl nicht zuletzt deshalb gehen bei der Bewertung der neuen Kriminalitätszahlen die Meinungen stark auseinander. Für die einen ist die Statistik — vor allem wegen der darin ausgewiesenen rückläufigen Fallzahlen — Beleg für die gute Arbeit der Polizei. Für die anderen stehen eher die besorgniserregenden Steigerungen in manchen Deliktsbereichen wie beispielsweise bei den Haus- und Wohnungseinbrüchen im Vordergrund — und die große Interpretationsweite (um nicht zu sagen: Manipulationsmöglichkeit) bei der Zählweise der Straftaten.

Es ist schon ein großer Unterschied, ob man etwa bei den ohnehin schon stark angestiegenen Internet-Straftaten nach dem Tatort-Prinzip ausschließlich in Deutschland begangene Taten erfasst, vom Ausland her an Deutschen begangenen Straftaten aber gänzlich unberücksichtigt lässt. Dadurch steigen die Fallzahlen naturgemäß bei weitem nicht so stark an, als wenn alle bekannt gewordenen Fälle eingerechnet würden.

In die Kategorie „Zahlenspiele“ fällt auch die Zählweise bei der Aufklärungsquote. Wenn man etwa bei einem geklärten Einbruch noch jeweils eine weitere „Aufklärung“ für die beim Einbruch begangenen Straftaten des Hausfriedensbruchs und der Sachbeschädigung hinzuzählt, erzielt man unterm Strich natürlich eine höhere Aufklärungsquote. Das soll den den Bürgern Sicherheit suggerieren.

Denn letztlich ist genau dies der Sinn der PKS: Politik, Wissenschaft und Bürger sollen etwas über die Häufigkeit von Straftaten und Entwicklungen erfahren — und sich ein Urteil bilden können, wie gefährlich man in Deutschland lebt. Wenn nun die unterschiedlichen Polizeigewerkschaften die Statistik zum Anlass nehmen, einmal mehr zusätzliches Personal zu fordern, dann ist das durchaus ihre Aufgabe. Die Erfüllung dieser Forderungen würde sicherlich auch das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung steigern — Statistik hin oder her.