Glücksspiel-Verbot für Hartz-IV-Empfänger: Diskriminierung — oder Dilemma?

Mit seinem Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Westlotto hat das Landgericht Köln eine Welle der Empörung ausgelöst. Demnach darf Westlotto insbesondere keine Sportwetten mehr an Spielsüchtige, Überschuldete und Menschen verkaufen, die „Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen stehen“.

Auf den ersten Blick eine Entscheidung, die Hartz-IV-Empfänger pauschal diskriminiert.

Doch der zweifelsohne juristisch-handwerklich korrekte Beschluss des Gerichts ist tatsächlich eine Entscheidung, die ein Dilemma verdeutlicht, das der Gesetzgeber der Justiz bereitet hat. Denn das Gericht muss seinen Beschluss am geltenden Glücksspielstaatsvertrag ausrichten. Darin ist festgehalten, dass Minderjährige, Spielsüchtige, aber auch Menschen mit geringen Einkünften vor negativen Einflüssen von Glücksspielen — sprich: Spielsucht — geschützt werden müssen.

Dieser Schutz ist eine grundsätzlich richtige Idee. Doch sie birgt im konkreten Glücksspiel-Fall einen unauflöslichen Zielkonflikt: Je intensiver der Staat diese Schutzfunktion wahrnimmt, desto weniger verdient er an den milliardenschweren Umsätzen der Branche. Daraus kann man durchaus schließen, dass das politische Argument „Schutz vor Spielsucht“ in der Hauptsache dazu dienen soll, das Glücksspielmonopol des Staates aufrecht zu erhalten. Denn kaum ein Landesfinanzminister will sich die üppigen Konzessionsabgaben der staatlichen Lotto-Gesellschaften entgehen lassen.

Nun hat ein privater Wettspiel-Anbieter den Finger in die Wunde gelegt und glaubhaft nachgewiesen, dass der Staat seine selbst auferlegte Schutzfunktion nicht so korrekt ausfüllt, wie er es laut Gesetzeslage eigentlich sollte. Das Gericht konnte also zu keiner anderen Entscheidung kommen.

Eine ganz andere Sache ist die Bewertung der Vorgehensweise des klagenden privaten Anbieters. Der hat sich nämlich nicht gescheut, Hartz-IV-Empfänger zu instrumentalisieren, um seine eigenen Interessen für eine Privatisierung des Glücksspielmarktes zu erreichen. Das kann nämlich durchaus einen Eindruck vermitteln, wie ruppig und gnadenlos es auf dem Glücksspielmarkt zugehen könnte, wenn das Glücksspielmonol fallen sollte.