Kommentar Griechenlandkrise: Merkels Windmühlen

Die griechische Tragödie und die Kanzlerin

Kommt der „Grexit“, wird Kanzlerin Angela Merkel wohl zur Ritterin von der traurigen Gestalt werden. Denn der Austritt Griechenlands aus dem Euro wäre zugleich so etwas wie das große Scheitern der seit nunmehr fünf Jahren andauernden Merkelschen Rettungspolitik. Die Kanzlerin hätte dann gegen Windmühlen gekämpft, angetrieben davon, dass bei einem „Grexit“ die Folgen für Europa insgesamt und die Belastungen für die Steuerzahler womöglich dramatischer sind, als bei immer neuen Hilfsprogrammen.

Merkel hat immer Größeres im Sinn gehabt. Der Makel, Griechenland und die Eurozone, ja sogar das europäische Projekt, nicht bewahrt zu haben, und das als mächtigste Frau Europas, könnten jedoch an ihrer Kanzlerschaft klebenbleiben.

Soweit ist es aber noch nicht, auch wenn die Opposition dieses Lied bereits singt; auch wenn es sogar schon Absetzbewegungen beim Koalitionspartner SPD gibt, der seine Chance wittert, sich im Sog der Griechenlandkrise auf Kosten Merkels zu profilieren. Dabei haben die Genossen den Weg für die Hilfspaket stets mit freigemacht.

Denn andererseits gilt auch: Mit dieser Kanzlerin geht so schnell nichts nach Hause, zumindest nichts Negatives. Mit Merkel verbinden die Bürger nicht das Scheitern, sondern den erfolgversprechenden Versuch. Davon können sonstige Politiker nur träumen. Im Falle Griechenlands kommen noch ein paar spezielle Dinge hinzu: In anderen europäischen Krisenländern hat die harte Reformpolitik gefruchtet, Spanien und Irland sind auf einem guten Weg, selbst Athen konnte im letzten Jahr Anzeichen einer leichten ökonomischen Erholung vermelden.

Merkel wird bei einem „Grexit“ also glaubhaft vermitteln können, dass das Problem nicht die europäischen und internationalen Daumenschrauben sind, trotz der schlimmen Folgen für einen großen Teil der Menschen in Griechenland. Sondern die innergriechischen Zustände. Korruption, Missmanagement, Selbstbedienungsmentalität.

Auf die Behebung dieser Übel hat die Kanzlerin freilich seit Jahren gedrängt. Ohne Erfolg jedoch. Das griechische Spiel ein, ums andere Mal mitgemacht zu haben, das ist der Vorwurf, den sich Merkel gefallen lassen muss.