Karrieresprung mit üblem Beigeschmack
Der mögliche Wechsel von Ronald Pofalla und die Folgen
Ronald Pofalla hat ihn erst vor sich, der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch bereits hinter sich, und Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder dürfte seinen Wechsel in die Wirtschaft womöglich sogar schon bereut haben. Allzu viel Beifall hat ihm sein Engagement für den russischen Energieriesen Gazprom jedenfalls nicht eingebracht. Wann immer Politiker ihrer ehemaligen Profession Adieu sagen, um sich neuen Aufgaben zu widmen, wird dies argwöhnisch beäugt.
Dabei gibt es dazu nicht in jedem Fall Anlass. Grundsätzlich gilt auch für Politiker das Recht auf freie Berufswahl. Die Entscheidung für oder wider eine Tätigkeit ist keine Hypothek auf Lebenszeit — auch nicht in der Spitzenpolitik. Ebenso grundsätzlich darf sich auch ein ehemaliger Minister oder Mandatsträger beruflich weiterentwickeln. Wenn er damit in die Liga der Einkommensmillionäre aufsteigt, dann zeugt es zumindest nicht von Sportgeist, ihm daraus einen Strick zu drehen.
Allerdings gibt es auch Wechsel vom einen in das andere Lager, bei denen es sich lohnt, genauer hinzusehen. Die berufliche Neuorientierung des kaltgestellten Kanzleramtsministers gehört sicher dazu. Der enge Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel beerbt nicht etwa einen anderen Bahn-Vorstand. Für ihn soll ein eigenes Ressort wiederbelebt werden — bei dem es um nichts anderes als Lobbyarbeit geht. Ronald Pofallas neuer Job besteht also aus der Beeinflussung der Politik im alleinigen Sinne der Deutschen Bahn.
Wohlgemerkt bei einem Unternehmen, das zur Gänze dem Bund gehört. Wohlgemerkt als ehemaliges Regierungsmitglied und als Abgeordneter des Bundestags, der Pofalla (bislang noch) ist. Da nur von einem Interessenkonflikt zu sprechen, wäre untertrieben. Es riecht nach Vetternwirtschaft und Selbstbedienungsmentalität, die kein gutes Licht auf Pofalla und die Bahn werfen — auch Merkel sieht dabei nicht gut aus.
Die Lösung für Pofalla und weitere Wechselwillige wäre die schon öfter ins Spiel gebrachte Sperrfrist — beispielsweise von zwei Jahren. Sie würde zwar die freie Berufswahl für amtsmüde Politiker einschränken, zugleich aber dafür sorgen, dass aus einem Wechsel mit üblem Beigeschmack keine Affäre wird.