Meinung In Österreich ist nach Kanzler Kurz nur vor Kanzler Kurz

Meinung · Das Parlament in Österreich mag Bundeskanzler Sebastian Kurz stürzen – im September ist ihm die Wiederwahl praktisch sicher. Dann dürfte es gleich auch noch zum Wiedersehen mit den Rechtspopulisten der FPÖ kommen.

Rolf Eckers

Foto: Sergej Lepke

Es ist eine ungewöhnliche Allianz, die sich da am Montag im österreichischen Parlament gebildet hat, um mit Erfolg den Kanzler zu stürzen. FPÖ und SPÖ kontra Sebastian Kurz. Rechtspopulisten und Sozialdemokraten gegen den Konservativen. Der 32-Jährige wird es verkraften, bis zu den Neuwahlen im September nicht Regierungschef der Alpenrepublik zu sein. Alles spricht dafür, dass Kurz von den Wählern im Herbst mit weitem Abstand auf Platz 1 gesetzt wird. So wie schon bei der Europawahl. Die Konservativen erzielten am Sonntag mit gut 35 Prozent das beste Wahlergebnis seit dem Beitritt Österreichs zur EU.

Im September wird Kurz sich dann entscheiden müssen. Denn der alte und neue Kanzler braucht einen Partner. Und die FPÖ ist immer noch da. Jetzt und auch im September. Die „Ibiza“-Affäre hat den Rechtsnationalen kaum geschadet. Obwohl das Video führende FPÖ-Leute als skrupellose Politiker entlarvt, die den Staat zur Stärkung ihrer Macht verscherbeln würden, hat es die Partei auf gut 18 Prozent der Stimmen gebracht. „Jetzt erst recht“ heißt die Strategie.

Kanzler Kurz hat auf das Video mit „Genug ist genug“ reagiert. Aber gilt das noch nach den Neuwahlen? Wird er sich von den Populisten abgrenzen, um die Demokratie zu schützen? Diesen Weg wird er wohl nur gehen, wenn die SPÖ bereit ist, fast alle Kröten zu schlucken, die Kurz ihnen serviert. Das werden die Sozialdemokraten aber nicht tun. Sie wissen, dass sie zur Regeneration noch mehr Zeit in der Opposition brauchen. Wahrscheinlich ist deshalb eine Neuauflage der Koalition von ÖVP und FPÖ – womit Kurz die Rechtspopulisten endgültig salonfähig macht.