Meinung Landespolitik: Mehr Pop für die Politik

Landespolitik hat es schwer. Sie ist sozusagen das mittlere Kind unter den politischen Ebenen — nicht wie die Bundespolitik die Große, nicht so nah dran wie Kommunalpolitik. Viele Menschen haben das Gefühl: Außer bei Polizei, Autobahnen und Schule haben Landespolitiker doch eh nichts zu melden.

Foto: Judith Michaelis

Und dann kommt in der NRW-Landespolitik auch noch ein Charisma-Manko hinzu. Christian Lindner zieht da noch das meiste Scheinwerferlicht auf sich — ist aber auf dem Sprung nach Berlin. Ansonsten richten sich Kameras neben Ministerpräsidentin Hannelore Kraft am ehesten auf ihren Innenminister Ralf Jäger — und schon das hat andere Gründe als eine schillernde Persönlichkeit und natürliche Telegenität. Dass Armin Laschet auf ein bisschen mehr Pop setzt, um die heiße Phase seines Landtagswahlkampfes anzufachen, ist also nur schlüssig.

Und Wolfgang Bosbach zieht. Rheinische Schnüss, ein Mann des Volkes und klarer Worte. Er ist sich nicht zu schade, im Fernsehen über seine Krebserkrankung zu sprechen oder das Urteil über junge Schönheitsköniginnen bei der Miss-Germany-Wahl. Aber mit Sicherheit — da mag man inhaltlich über seine Positionen denken, was man will — ist er auch in Sachen Innenpolitik mit allen Wassern gewaschener. Dass Laschet es mit der bloßen Ankündigung, wenn es denn zum Wahlerfolg in gut drei Wochen komme, dann werde man eine Kommission einsetzen (Konjunktiv über Konjunktiv), in sämtliche Medien weit über NRWs Grenzen hinweg schafft, zeigt die Wirkung der Marke Bosbach.

Und der 64-Jährige selbst? Ein halbes Jahr, nachdem er den Abschied von der großen Politik ankündigte, nach Kuba und Australien reisen wollte, stürzt sich der unheilbar Kranke in Schützenhilfe für seinen Parteikollegen in seinem Heimatbundesland. Aus politischer Leidenschaft, sagt er. Ohne Schielen auf ein Ministerium. Das darf man ihm ruhig abnehmen. Bosbach zumindest hat die Publicity nämlich nicht nötig.