Praxisgebühr: Zuwendung ist wichtiger als Medizin

Neue Diskussion um Arztbesuche und Praxisgebühr

Etwas verwirrend war das am Montag schon. Für die SPD verlangte Andrea Nahles die Abschaffung der Praxisgebühr. Die FDP will die Zehn-Euro-Einmalzahlung schon länger weg haben, ihr Koalitionspartner CDU aber nicht. Eine Einigung innerhalb der Regierung zeichnet sich noch nicht ab. Das bedeutet, dass Kassenpatienten weiterhin beim jeweils ersten Arztbesuch eines Quartals zahlen und sich immer wieder Überweisungen besorgen müssen, wenn sie eine andere Praxis aufsuchen wollen.

Die Regelung ist ärgerlich, auf jeden Fall teuer und mit Bürokratie verbunden. So gesehen wäre die Abschaffung eine Überlegung wert. Diese müsste allerdings von tieferer Einsicht und einer gelungenen Konzeption getragen sein. Eine kurzfristige und kurzsichtige Streichpolitik zu starten, nur weil zufällig im Moment die gesetzlichen Krankenkassen gut dastehen, wäre falsch.

Die grundsätzliche Abwägung muss im Vordergrund stehen. Die Praxisgebühr wurde ja einst nicht allein aus finanztechnischen Gründen eingeführt, sondern auch, um nach dem Hausarztprinzip die Betreuung von Kranken besser steuern zu können und dabei sinnlose Doppeluntersuchungen zu vermeiden. Ein Arzt sollte als zentraler Ansprechpartner und Vertrauensperson dienen, dem andere spezialisierte Mediziner zuarbeiten. Eine durchaus bedenkenswerte Idee. Wenn man aber feststellt, dass sie nicht funktioniert, dann muss die Praxisgebühr in der Tat weg.

Zumindest das Ziel, dank Praxisgebühr die Zahl der Arztbesuche zu reduzieren, wurde klar verfehlt. Offenbar hatte niemand mit einer besonderen Variante des Kostenbewusstseins etlicher Patienten gerechnet: Wenn sie schon ihre Quartalsgebühr berappen müssen, so wollen sie diese auch ausschöpfen, indem sie mehrere Mediziner besuchen. So behaupten zumindest Insider.

Wichtiger als die Häufigkeit der Arztbesuche ist allerdings deren Qualität. Zeit und Zuwendung der medizinischen Vertrauensperson sind oft bedeutsamer als das Verschreiben von Medikamenten. Statistisch sieht es da mit acht Minuten pro Besuch in Deutschland leider schlecht aus. Doch zum Glück relativiert dies eine neue Studie, derzufolge das Gedränge in deutschen Praxen in Wahrheit gar nicht so schlimm sei. Es besteht also Hoffnung.