Meinung Sexualstrafrecht zu lasch

Sexuelle Übergriffe gegen Frauen gibt es beileibe nicht erst seit der dramatischen Silvesternacht in Köln. Wenn nun der Eindruck entsteht, das entsprechende Strafrecht werde vor dem Hintergrund der Flüchtlingsströme verschärft, dann hat die Sache einen faden Beigeschmack.

Der Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) hätte schon viel früher kommen müssen. Trotzdem: Besser spät als nie.

Bislang wird offenbar nur ein Bruchteil aller Vergewaltigungen angezeigt. Von sexuellen Handlungen wie etwa dem Begrapschen oder verbalen sexuellen Belästigungen ganz zu schweigen. Das Strafrecht ist hier allerdings auch löchrig wie ein Schweizer Käse.

Eine Frau, die zum Beispiel eine überraschende Sex-Attacke widerstandslos über sich ergehen lässt, weil sie in dem Moment wie gelähmt ist, muss mit einem Freispruch für den Täter rechnen. Also schweigt sie lieber, um nicht auch noch juristisch erniedrigt zu werden. Mit den geplanten Änderungen hat sie bessere Chancen, sich gerichtlich zur Wehr zu setzen.

Allerdings, und das gehört auch zur Wahrheit, sind die Fälle vielgestaltig gelagert. Manche bewegen sich auch in einer Grauzone, der mit dem Strafrecht schwer beizukommen ist. Auch falsche Beschuldigungen können so entstehen. Aber vielleicht hat der Gesetzentwurf auch schon einen psychologischen Effekt: Wenn sich erst einmal herum spricht, dass sexuelle Übergriffe stärker verfolgt werden als bisher, könnte die Zahl der Fälle sinken. Damit wäre bereits viel erreicht.

Die Vorlage des Justizministers geht nun in die parlamentarischen Beratungen. Auch eine Anhörung von unabhängigen Experten wird es geben. Ihre Ratschläge sollten besonderes Gehör finden, um den Entwurf gegebenenfalls noch nachzubessern.