Meinung Klarer Kurs, klarer Sieg: Merkel hat gewonnen
Der Einzigen, auf die es zur Zeit in Deutschland und Europa wirklich ankommt, dürfte bereits die Vorfeld-Nervosität des Berliner Politbetriebs zu den gestrigen Wahlen einen zusätzlichen Anflug Ruhe verschafft haben — und das Ergebnis bestätigt die Bundeskanzlerin: Die beiden Ministerpräsidenten, die sie klar und deutlich unterstützt haben, Malu Dreyer (SPD) in Rheinland-Pfalz und Winfried Kretschmann (Grüne) in Baden-Württemberg, haben ihre Wahlen klar gewonnen.
Der gestrige Tag hat Angela Merkel eindeutig gestärkt. Daran ändert auch das Abschneiden der AfD rein gar nichts.
Zunächst: Die Urnengänge in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt waren nicht die „kleine Bundestagswahl“, zu der einige Kommentatoren sie stilisieren wollten. Zusammen haben die drei Bundesländer keine 13 Millionen Wahlberechtigten — also weniger als NRW alleine hat. Die gestrigen Ergebnisse sagen überhaupt nichts darüber aus, was in anderthalb Jahren bei der Bundestagswahl zu erwarten sein könnte.
Da in keinem der drei Länder ein regionales Thema ähnlich dominierend war wie die Diskussion um die Flüchtlingskrise, waren die gestrigen Wahlen aber sehr wohl eine Probeabstimmung über die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin. Und diese Abstimmung hat Angela Merkel mit einer einigermaßen klaren Mehrheit gewonnen — nur eben nicht mit den Stimmen ihrer eigenen Partei. Was bedeutet das?
Schon Wochen vor der Wahl zeichnete sich deutlich ab: Gewinnen die CDU-Kandidaten Julia Klöckner in Rheinland-Pfalz und Guido Wolf in Baden-Württemberg deutlich an Gewicht oder sogar die Wahlen, so wäre das ein klares Signal, dass Angela Merkel nicht nur als Parteivorsitzende, sondern auch als Bundeskanzlerin ein innerparteiliches Problem bekommt. Denn bei aller formalen Treue gingen Klöckner und Wolf deutlich auf Distanz zur Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin und Parteivorsitzenden.
Das haben die Wählerinnen und Wähler verstanden und entsprechend abgestimmt. Den unentschlossenen Merkel-Kritikern Julia Klöckner und Guido Wolf ist ihr wackelig-kritischer Kurs nicht gut bekommen. Dafür haben ihre beiden Landesparteien gestern mit deutlichen Verlusten die Zeche gezahlt.
Von Guido Wolf wird man mutmaßlich sowohl politisch als auch innerparteilich nicht mehr viel hören; die von ihm propagierte „Lust auf Zukunft“ dürfte vor allem eine Angelegenheit der persönlichen Lebensgestaltung werden. Dagegen machte Julia Klöckner bereits gestern deutlich, dass sie offenbar wenig Neigung verspürt, das Ergebnis zu verantworten und daraus die Lehre zu ziehen, dass es nichts bringt, statt eines klaren Kurses permanent irritierende Schlangenlinien an den rechten Rand des Wählerspektrums zu fahren.
Denn zumindest für Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg lassen sich aus dem zweistelligen Abschneiden der AfD nur zwei Schlüsse ziehen: Es gibt eine Wählerschaft rechts der CDU, die höchstens noch für die CSU erreichbar wäre. Wer sich aber dieser Gruppe zu weit zuneigt, der verliert am Ende die Wähler der Mitte — die eben sehr entschieden anders wählen. Das war in Rheinland-Pfalz deutlich und in Baden-Württemberg drastisch zu sehen.
Vielleicht tröstet es die CDU ein wenig, dass es seit gestern in zwei Bundesländern keine rot-grüne Mehrheit mehr gibt. Womit sich für die SPD und ihren Vorsitzenden am Ende die gleiche Frage stellt wie für alle Grünen außer Winfried Kretschmann: Was ist eigentlich der Marken-Kern, für den sie stehen? Und für den sie gewählt werden wollen? In Baden-Württemberg und in Sachsen-Anhalt haben weder die SPD noch die Grünen in der Mitte punkten können und auch nicht in der linken Wählerschaft.
Der AfD ist gestern in den beiden westlichen Bundesländern, vor allem aber in Sachsen-Anhalt, nicht nur gelungen, den rechten Rand auf sich zu vereinigen, sondern auch Wähler an die Urne zu bekommen, deren Verhältnis zur Demokratie sich in den vergangenen Jahren darin ausdrückte, der offenen Gesellschaft der Bundesrepublik den Rücken zuzudrehen. Dass sie in der AfD eine Kraft gefunden zu haben glaubt, die für ein anderes Deutschland eintritt, müssen alle demokratischen Kräfte nun endlich als die Kampfansage verstehen, als die dieses Ergebnis zu verstehen ist.
Man muss kein Schwarzmaler sein um zu ahnen, dass sich das kriminelle Pack, das gegen Flüchtlinge hetzt und Brandanschläge auf ihre Unterkünfte verübt, vom Abschneiden der AfD bestärkt fühlen wird. Es wäre naiv anzunehmen, dass die Spirale der unerträglichen Radikalisierung und der zunehmenden Gewalt durch das gestrige Ergebnis nicht noch weiter befeuert würden. Staat und Gesellschaft können nicht abwarten, dass die AfD verlässlich in den Parlamenten scheitert. Es kommt nun auf die deutliche Geschlossenheit der Mitte an.