Meinung Urteil nach G20-Krawallen: Richtig — und gefährlich

Vor allem in Hamburg wird dieses Urteil von vielen begrüßt werden: An diesem Donnerstag beginnt die Hamburgische Bürgerschaft mit der politischen Aufarbeitung des G20-Gipfels. Durchaus vorstellbar, dass dieses sehr zeitige und harte Gerichtsurteil politisch gewollt war — auch wenn man davon ausgehen sollte, dass die Justiz in dieser Republik unabhängig agiert.

Foto: Sergej Lepke

Klar ist aber: Von den katastrophalen Bildern jener Hamburger Tage und der politischen Brisanz für die Handlungsträger in einem Staat, der seine Bürger offenbar kaum mehr zu schützen vermag, wird sich auch ein Richter schwer frei machen können. Kaum anders lässt sich begründen, dass ein Urteil weit über die Straf-Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus gesprochen wurde. Und doch ist dieses Urteil mit einem gefühlt neuen Maßstab, das Signalwirkung haben kann, unter der Maßgabe eines gesunden Menschenverstandes richtig. Weil es zum Beispiel die Forderung erfüllt, zu schnelleren Strafen zu kommen, um wichtige Signale in eine bisweilen enthemmte Gesellschaft zu senden, sei es in die linke oder in die rechte Richtung. Das richtige Signal ist: Unsere Justiz ist handlungsfähig und die Demokratie wehrhaft.

Es wird viele Menschen geben, die sich für zwei geworfene Bierflaschen und Widerstand bei der Verhaftung 31 Monate Haft nie haben vorstellen wollen. Jene aber sollten berücksichtigen, dass sie diese Art von Protest, der friedlich berechtigt, ja erwünscht, aber gewalttätig völlig inakzeptabel und inhaltsleer ist, zu oft verharmlosen. Meistens im fixen Weltbild verhaftet, dass der Angriff auf Polizisten als Symbolpersonen der Staatsmacht nur ein politisch legitimiertes, verzeihbares Kavaliersdelikt sei. Das ist es eben nicht.

Den Staat befreit das alles gar nicht von der Pflicht, die Hamburger Vorfälle rigoros aufzuarbeiten. Auch die Arbeit der Polizei. Im Urteil vorschnell ein Grundsatzurteil zu sehen, das losgelöst vom Einzelfall Recht spricht, wäre gefährlich. Nein, es wäre ein Skandal.