Vier Monate Gewöhnung an die AfD

Nur sechs Mal ist der neue Bundestag seit der Wahl zusammengekommen, er hat außer der Regelung organisatorischer Fragen wenig zu tun. Er ist derzeit ein Parlament der Selbstbeschäftigung, ohne jede Wirkung auf die Lebensrealität des Landes.

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So darf es nicht mehr lange weitergehen.

Unter einem Gesichtspunkt war diese lange Übergangsphase aber gut: Sie hat den anderen politischen Kräften Zeit und Raum gegeben, ihr Verhältnis zur AfD ruhig und sachlich zu bestimmen. Wäre es gleich in hitzige Schlachten um Gesetzesvorhaben einer Koalition gegangen, hätte das vielleicht anders ausgesehen. Es ist gut, dass die anderen Parteien sehr früh entschieden haben, die AfD absolut korrekt zu behandeln. Sie bekommt Redezeiten, Gremiensitze und Ausschussvorsitze, wie sie ihr nach ihrer Stärke zustehen. Falls es eine große Koalition gibt, sogar den Vorsitz im mächtigen Haushaltsausschuss. Alles andere hätte sie auch in eine Märtyrerrolle gebracht. Das bedeutet nicht, dass die anderen Parteien auch jeden Namensvorschlag der AfD akzeptieren. Viele AfD-Politiker haben gute Gründe geliefert, sie nicht zu wählen. Deshalb fielen die AfD-Kandidaten für den Geheimdienstausschuss und den Posten des Bundestagsvizepräsidenten durch. Allerdings sollte die Mehrheit es mit dieser Methode nicht überziehen.

In diesen ersten vier Monaten der Sachlichkeit und Ruhe hat es eigentlich nur einen Ausrutscher gegeben. Das war die Weigerung der Union, auch die Linke den Antrag zur Bekämpfung des Antisemitismus mit unterzeichnen zu lassen. Nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern weil es die Linke ist. Dass die AfD bei so etwas nicht dabei ist, ist klar. Das Verdikt der Union ist schädlich: Wenn fünf von sechs Parteien diesen Vorstoß eingebracht hätten, wäre das ein stärkeres Signal gewesen. Die Ablehnung jeglicher Kooperation mit der Linkspartei gehört in die Mottenkiste. Erst recht, seit es die AfD gibt.