Meinung Wie die „Altparteien“ in NRW ein Eigentor schossen

Wer nachts spät nach Hause kommt und niemanden aufwecken will, schleicht auf Socken die Treppe hinauf. Wie dumm, wenn er dann ausrutscht, mit lautem Getöse stürzt und das ganze Haus aus dem Schlaf reißt.

Foto: Sergej Lepke

Eben so haben es CDU, SPD, FDP und Grüne im NRW-Landtag gemacht. Ganz leise, möglichst ohne dass das jemand wahrnehmen sollte, erhöhten sie die Mitarbeiterpauschalen für ihre Abgeordneten um satte 89 Prozent. Einen Tag vor der Verabschiedung wurde zwar noch schnell die Presse informiert, doch eine transparente Vorbereitung des Vorhabens in früheren Haushaltslesungen oder Ausschusssitzungen gab es nicht. Ebenso wenig wie eine Expertenanhörung, ob das immerhin 14 Millionen Euro teure Vorhaben denn wirklich nötig sei.

Es mag ja gute Gründe geben, die Mitarbeiterpauschale für die Abgeordneten anzuheben. Selbst die neue Pauschale liegt immer noch unter der Hälfte dessen, was einem Bundestagsabgeordneten für diesen Zweck zusteht. Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter plus eine Sekretariatsstelle pro Mandatsträger, die die Neuregelung in NRW ermöglicht, erscheint nicht ganz abwegig. Gestiegener Arbeitsaufwand durch mehr Gesetze, Anhörungen oder auch neue Kommunikationsanforderungen durch soziale Netzwerke machen mehr Arbeitsstunden erforderlich. Ob das nicht anders aufgefangen werden kann, ist freilich auch nicht ganz so klar. Schließlich findet manch ein Abgeordneter Zeit, neben seinem Landtagsmandat noch anderen Tätigkeiten nachzugehen. Sollte nicht der Wähler von den Abgeordneten vollen Einsatz für volle Diät verlangen können?

Aber auch wenn man den Abgeordneten zusätzliche Arbeitsassistenz zugesteht, geht eines überhaupt nicht: Dass diese millionenschwere höhere Mitarbeiterpauschale in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durchgezogen wird. Dass das Vorhaben in der Diskussion um ein viel größeres Zahlenwerk, die Verabschiedung des 74,5-Milliarden-Etats, gewissermaßen unter den Kartenstapel gemischt wird.

Die „Altparteien“ haben der AfD den Ball gestern im Landtag auf den Elfmeterpunkt gelegt. Klar, dass sie diese Torchance nutzt. Was sie streng genommen nicht einmal musste. Jedenfalls mit dem erbärmlichen Verfahren, mit dem CDU, SPD, FDP und Grüne das Vorhaben durchzogen und so für Politikverdruss sorgen, haben sie schon vorher ein Eigentor geschossen.