Meinung Volkswagen: Skandale nach dem Abgas-Skandal

Was der Volkswagen-Konzern sich hierzulande beim Abgas-Skandal erlaubt, ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Eigentlich seien die Dieselmotoren in Ordnung, von einer unzulässigen Anschalteinrichtung könne nach europäischem Recht keine Rede sein, heißt es aus der Konzernzentrale in Wolfsburg.

Wie bitte? Diese Sichtweise geht selbst dem autofreundlichen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt gegen den Strich. Es handele sich ohne Zweifel um manipulierte Fahrzeuge mit illegalen Abschalteinrichtungen, so der CSU-Politiker.

Dass VW keinen Rechtsverstoß zugeben will, hat einen einfachen Grund. Es geht um Schadenersatz in Milliardenhöhe. Während der Konzern den Autofahrern in den USA auf Basis einer Sammelklage Entschädigung zahlt, gehen die Betroffenen in Deutschland bislang leer aus. Jeder Kunde muss mit entsprechenden Kosten und Risiken allein nachweisen, dass er mit seinem Dieselmotor einen Schaden erlitten hat. Gäbe es die Möglichkeit der Sammelklage, hätte VW deutlich schlechtere Karten. Diese Lücke im Verbraucherschutz sorgt bei den Anwälten für gute Geschäfte.

Die gewieften Juristen sammeln übers Internet die Schadenersatzansprüche von VW-Kunden. Durch die Abtretung der Forderungen an einen Kläger können die Rechte vieler Opfer auch in Deutschland gebündelt werden. Die Autofahrer gehen kein Risiko ein, da Anwalts- und Prozesskosten entfallen. Zahlt VW, kassieren die Anwälte gut ein Drittel des Geldes als Provision. Vieles spricht dafür, dass es für die Wolfsburger noch richtig teuer wird. Zumal jetzt auch die VW-Tochter Audi im Verdacht steht, eine weitere illegale Software eingebaut zu haben.

Ungemach droht dem Konzern auch durch die Ermittlungen der Braunschweiger Staatsanwaltschaft. Die Behörde hat Hans Dieter Pötsch, Chef des VW-Aufsichtsrates, ins Visier genommen. Der Verdacht wiegt schwer: Pötsch und andere VW-Größen sollen ihnen bekannte Fakten im Zuge des Abgas-Skandals vorsätzlich verschwiegen haben, um den Kurs der Aktie hochzuhalten.

Sollte sich dieser Vorwurf der Marktmanipulation bestätigen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass VW milliardenschwere Schadenersatzklagen verlieren wird. Anleger hatten dem Autobauer vorgeworfen, die Öffentlichkeit falsch über das drohende Diesel-Desaster informiert zu haben. Träfe das zu, wäre es ein weiterer Skandal nach dem Skandal.