Flitterwochen vor der Trauung Warum die Ampel-Ehe jetzt schwieriger wird

Meinung · FDP, SPD und Grüne sind sich einig: Sie wollen Koalitionsgespräche führen. Doch einfacher wird es jetzt nicht.

 Die Ampel soll es werden - aber einfacher wird es nicht.

Die Ampel soll es werden - aber einfacher wird es nicht.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Mit dem Ja der FDP zu Koalitionsverhandlungen mit Grünen und SPD werden die Karten in Berlin neu gemischt. Jetzt geht es ums Eingemachte. Und möglicherweise stellt sich ab Donnerstag heraus, dass die rot-gelb-grüne Dreierbeziehung bereits vor der Hochzeit in den Flitterwochen gewesen ist. Denn bisher war fast alles eitel Sonnenschein. Jede Partei hat in den Sondierungsgesprächen wichtige Eckpunkte ihres Wahlprogramms verankern können. Und tatsächlich war unübersehbar, dass SPD und Grüne den potenziellen liberalen Partner sehr hofierten, so sehr, dass an der grünen Basis bereits leises Murren vernehmbar ist. Dort meinen manche Kritiker, es könne der Eindruck entstehen, dass die Liberalen die Wahl gewonnen hätten.

Haben sie nicht. Das gilt aber ebenso für SPD und Grüne. Für sich genommen reicht das Gewicht jeweils bei weitem nicht aus, wirklich Staat zu machen. Die Zeiten der 40-Prozent-Ergebnisse scheinen vorbei zu sein. Umso wichtiger ist es, in Koalitionen Pflöcke einzuschlagen. In dieser Hinsicht verfügt die SPD über einen ergebnisgerechten Vorsprung. Sie wird in Olaf Scholz den Kanzler stellen, wenn es zur Ampel-Ehe kommt. Um den vermutlich wichtigsten Posten im Kabinett allerdings balgen sich die beiden Junior-Partner der Sozialdemokraten. Und es ist für die Politik der vermutlich nächsten vier Jahre wohl auch bedeutend, ob der Bundesfinanzminister Robert Habeck heißt und ein Grüner ist, oder ob Christian Lindner für die Liberalen den Kassenschlüssel aufbewahrt. Letztlich geht es schlicht um die Frage, ob das mögliche Regierungstrio sein Modernisierungsprogramm auf Staatskosten, also zur Not auch mit wie auch immer zu verbuchenden Schulden finanziert, oder ob die Kräfte des Marktes und damit privates Kapital den dringend notwendigen Schub verleihen.

Und schon ist es vorbei mit Höflichkeitsfloskeln, professionellem Lächeln und Selfies nach harmonischen Zwiegesprächen. Die Zeichen stehen zwar auf Ampel, aber noch leuchtet kein Birnchen. Nicht auszudenken, dass alle dunkel bleiben. Denn dank der Union gibt es gegenwärtig keine Alternative.