Die Stadt — wieder — zu Fuß entdecken

Der Stadtteilspaziergang durch Repinghofen und Heddinghofen stieß auf wenig Interesse — und bot dennoch interessante Einsichten.

Foto: Doro Siewert

Burscheid. Burscheid - gehen und sehen! Sieben Initiativen in Burscheid sind gemeinsam daran interessiert, die Wohnqualität der Bürger zu erkunden und nach Möglichkeit zu steigern. Eine Idee, zum Erfolg dieser Bemühungen beizutragen, kam von der „Zukunftsinitiative“ — die jetzt zum zweiten Mal nach 2011 Burscheid zu Fuß erkunden will. Denn was ist effektiver, um ein gewachsenes Umfeld näher kennenzulernen? Bei einem geruhsamen Spaziergang durch ein überschaubares Siedlungsgebiet gibt es viel zu erzählen, zu erfahren und zu beurteilen.

Dazu ist aber auch eine Person nötig, die mit den Zusammenhängen und geschichtlichen Fakten aus eigenem Erleben und Recherchieren vertraut ist. Quartiers-Entwicklerin Maryna Gralicki fand in Petra Wengenroth-Büscher (Bündnis für Burscheid) die am besten informierte Anwohnerin für die erste „Anlauf“-Station in den Ortsteilen Repinghofen und Heddinghofen. Interessierte „Mitgänger“ waren für den Freitagnachmittag zur Kreuzung Repinghofener Straße/Kiefernweg eingeladen.

Dass zur angesagten Uhrzeit nur insgesamt fünf Personen erschienen, kann verschiedene Gründe haben — tat aber der Sache an sich keinen Abbruch. Petra Wengenroth-Büscher wusste über jedes alte und neue Gebäude rechts und links der Straße Interessantes zu erzählen. Fakten, die selbst Detlef Junker als Fachbereichsleiter des Kinderschutzbundes völlig neu waren. „So lange fahre ich bereits hier vorbei - aber dass in der „kleinen Kneipe“ die Poststelle war, der Chor „Wiehbacher Echo“ lange dort probte und bis vor fünfzehn Jahren im Obergeschoss ein Tanzsaal existierte - das hätte ich nie vermutet!“

Weitere historische Ursprünge kamen im Zusammenhang mit der Eckparzelle Kiefernweg zutage. Dort stand ein Wehrmachtsscheinwerfer mit Flakeinrichtung zur Abwehr der Bomber. In den Baracken waren bis 1945 weibliche Soldaten untergebracht.

Auch absurdes gab es zu berichten. Die Straße durch Repinghofen hatte ein deutliches Gefälle zu einer bebauten Seite hin. Um das Regenwasser abzuleiten, wurde mit erheblichem Aufwand ein Abflussgraben hergestellt und zum Auffangen des „Bachs“ zwei große Behälter in den Boden gelassen. Ein Schild warnte: „Ertrinkungsgefahr!“ In den Behältern kam jedoch niemals ein Tropfen Regenwasser an.

In dieser Weise gab es auch in Heddinghofen fast für jede Hofschaft eine eigenständige Vorgeschichte zu berichten. Es sind zum größten Teil natürlich Familiengeschichten von Einwohnern, die diese Gebiete an Rand der Wälder seit Generationen als festgelegten Wohn- und Lebensraum genießen.

Wie beim Nachgespräch im „Tricafé“ noch einmal sehr deutlich wurde, könnten diese Regionen Burscheids sozusagen als Vorzeigeobjekt gelten für den freiwilligen und eingeübten Zusammenhalt der Bewohner. In diese Kette werden auch — nach Bestätigung durch Wengenroth-Büscher — die neu hinzugezogenen Bürger aus dem europäischen Ausland einbezogen und tragen auch selbst dazu bei, anderen ihre Hilfe anzutragen.

Maryna Gralicki hofft: „In den nächsten Jahren wird es, so wie die Tendenz zeigt, noch nötiger werden, bei den Häusern und Wohnungen auf altersgerechte Ausstattung zu achten. Das kann dann am besten realisiert werden, wenn die Anwohner als Nachbarn, als Lebensraumgemeinschaft aufeinander achten und auch die Wünsche der Menschen rechts und links in Betracht ziehen.“