Museum Ludwig Der Nachlass eines Visionärs

Köln · Der Fotograf Horst H. Baumann zählte zu den Shooting-Stars seiner Generation. Schon in jungen Jahren mehrfach ausgezeichnet, avancierte der Autodidakt ab den 1960er Jahren zu einem in den gedruckten Medien omnipräsenten, höchst erfolgreichen Fotografen.

Die „intensive, strahlende Lichtquelle des Lasers“ ließ Horst H. Baumann immer wieder neue Projekte entwickeln.

Foto: nein/Alsleben, Dieter

Vor allem seine Fotografien von Autorennen am Nürburgring, in Spa oder Le Mans machten Horst H. Baumann berühmt.

Ab Mitte der 1960er Jahre wandte er sich multimedialen Projekten zu, speziell der Laserkunst, mit der er sich beispielsweise 1977 auf der documenta 6 in Kassel präsentierte. Bis heute leuchtet der grüne Laserstrahl regelmäßig als nächtliches Wahrzeichen der hessischen Kunstmetropole. Auch der nach wie vor aktive Licht-Zeit-Pegel am Düsseldorfer Rheinturm geht auf sein Ideenkonto.

Konsequent ab Ende der 1960er Jahre hat sich Baumann mit Multivisionen, Lichtinstallationen oder temporären Architekturen beschäftigt, während sein Beitrag zur deutschen Fotografie der 1950er und 1960er Jahre weitgehend in Vergessenheit geraten ist.

Ausstellung zeigt 400 Werke aus dem fotografischen Nachlass

Mit der Ausstellung „Apropos Visionär – Der Fotograf Horst H. Baumann“ präsentiert das Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK) in Zusammenarbeit mit den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim ab dem 26. August die erste Retrospektive dieses bedeutenden, zugleich weitgehend vergessenen Kamerakünstlers. Die Ausstellung zeigt rund 400 ausgewählte Werke aus dem fotografischen Nachlass des Künstlers. Tatsächlich zählte Baumann zwischen 1955 und 1965 zu den produktivsten, kreativsten, formal-ästhetisch mutigsten Talenten innerhalb der damaligen jungen deutschen Fotoszene.

Was die frühe Fotografie von Horst H. Baumann auszeichnet, ist einerseits ein hohes Maß an Empathie und ein ehrliches Interesse an sozialen Themen, andererseits die konsequente Suche nach einem eigenen Ausdruck in der Kamerakunst. Noch aus dem vermeintlich banalsten Sujet wusste Baumann durch den gezielten Einsatz partieller Schärfe, durch kühne Aus- oder Anschnitte, gesuchte Perspektiven oder ein Spiel mit Vordergrund und Hintergrund eine Art von Fotografie zu stiften, die immer wieder überraschte, aber auch oft irritierte.

Rückblickend darf man staunen, wie konsequent und zügig sich Baumann eine ganz eigene Bildsprache erarbeitet hat, die mit der „subjektiven Fotografie“ und ihrem Formalismus so wenig zu tun hatte wie mit den verdeckten Geometrien eines Henri Cartier-Bresson, dessen Vorliebe für das Normalobjektiv Baumann ebenso ignorierte wie alle übrigen „Regeln“ aus den Handbüchern für Amateure. Durch den Sucher seiner Leica komponierte Baumann ausgesprochen radikale Bilder, wie sie neben ihm höchstens der Kölner Chargesheimer wagte.

Baumann fotografierte im Eigenauftrag als „Street Photographer“, schuf Porträts internationaler Größen aus der Musik- und Filmbranche wie von Juliette Gréco, Ursula Andres und Jane Fonda, lieferte Reportagen für auflagenstarke Illustrierte und bewährte sich auf dem Feld der Werbung und Visuellen Kommunikation, um sich mit Beginn der 1960er Jahre intensiv mit den künstlerischen Möglichkeiten der Farbfotografie zu beschäftigen. Auch und gerade auf diesem Feld hat er Maßstäbe gesetzt.

Bereits Mitte der 1960er Jahre begann sich Horst H. Baumann sukzessive von der Fotografie zu verabschieden. Was ihn danach umtrieb, waren medienübergreifende Konzepte, multimediale Installationen, ephemere Architekturen im Dienste neuer, bewegter Medien wie Film, Fernsehen und Video. Am Ende sollte es „die intensive, strahlende Lichtquelle des Lasers“ sein, die ihn umtrieb und ihn bis zum Ende seines Lebens immer wieder neue Projekte entwickeln und Vorhaben ansteuern ließ.

Zeitlebens hat sich Horst H. Baumann als „Lichtkünstler“ in einem übergeordneten Sinne verstanden, als Kreativer, der mit Licht schreibt und sich dabei unterschiedlicher Techniken bedient. Bewusst verzichtet die Mannheimer Ausstellung auf eine – ohnehin nicht zu leistende – Gesamtdarstellung seines Wirkens und legt stattdessen den Schwerpunkt auf seine Zeit als Fotograf.

Horst H. Baumann um 1960 war in der Tat ein Star, ein Label, eine Marke und ein Garant für Fotografie auf Weltniveau. Dass er in Vergessenheit geraten ist, mag tragisch klingen, bietet aber die Chance für eine Wiederentdeckung auf der Basis seines Nachlasses, der zum ersten Mal über Originalabzüge eine Renaissance erfährt.