Kultur Kunstwerke aus Kiew im Schnütgen

Köln · Der russische Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine bringt nicht nur die Menschen im Land in Lebensgefahr und in große Not. Auch die Kultur des Landes und ihre Museen müssen mit der schwierigen Situation zurechtkommen und versuchen, ihre Sammlungen zu schützen.

Diese Glasmalerei aus dem frühen 13. Jahrhundert zeigt den Apostel Paulus.

Foto: step/Eppinger

Alleine in Kiew wurden im ersten Kriegsjahr acht Museen beschädigt. Darunter war auch das Khanenko National Museum, das seinen Besuchern westliche und orientalische Kunst präsentiert. Gesammelt wurde diese vom Ehepaar Bohdan und Varvara Khanenko.

„Eine russische Rakete ist 20 Meter vor unserem Gebäude eingeschlagen und hat einen tiefen Krater hinterlassen. Aktuell haben wir noch immer geöffnet, auch weil das Haus ein lebenswichtiger sozialer und kultureller Treffpunkt ist, der auch für unseren Widerstand steht. Unsere Sammlung können wir den Besuchern zwar nicht zeigen, da wir diese in Sicherheit bringen mussten. Aber es gibt verschiedene Projekte und Veranstaltungen zu aktuellen Themen, für die die Menschen in Kiew oft Schlange stehen. Dazu kommen internationale Schauen mit unseren Objekten. Das dient alles auch dazu, dass wir als Museum mit unserem kulturellen Erbe in der Erinnerung der Menschen bleiben“, erklärt Direktorin Yuliya Vaganova.

Eine abenteuerliche Reise für
die Glaskunst aus dem Mittelalter

Man zeige im Museum Kunst, die den Bürgern und der ganzen Welt gehört. „Es gibt auch viele Gemeinsamkeiten mit dem Kölner Museum Schnütgen. Beide Häuser beruhen auf privaten Sammlungen, die etwa zur gleichen Zeit von der öffentlichen Hand übernommen worden sind. Wir freuen uns, dass wir jetzt die Unterstützung aus Köln bekommen.“

Besonders gefährdet ist im ukrainischen Museum dessen hochkarätige Sammlung an mittelalterlicher Glasmalerei. Insgesamt zwölf Objekte aus dieser wertvollen Sammlung, deren Entstehung in der Zeit zwischen 1212 und 1220 liegt, befinden sich zurzeit im Depot des Kölner Museums Schnütgen. Die Glaskunst stammt aus der französischen Kathedrale in Soissons und gehörte zu neun Meter hohen Kirchenfenstern.

In Köln werden die Scheiben, die unter anderem den Apostel Paulus und den Propheten Ezechiel zeigen, ab dem 3. April als Leihgaben im Dialog mit Werken aus der eigenen Sammlung in einer Sonderausstellung unter dem Titel „Licht in dunklen Zeiten“ gezeigt. Mit der besonderen Schau begegnen sich die beiden wertvollen Sammlungen aus Kiew und Köln erstmals. Kuratiert wird diese von der stellvertretenden Direktorin des Museums Schnütgen, Manuela Beer, und der Kustodin Carola Hagnau.

Im Anschluss sollen die trotz der russischen Raketenangriffe gut erhaltenen Glasmalereien umfassend restauriert werden. Bei den Raketenangriffen gab es im Glas viele feine Haarrisse, die mit Klebeband gesichert werden mussten. Das ganze Projekt wird mithilfe der Restaurierungswerkstatt für Glasmalerei der Dombauhütte und deren Leiterin Katrin Wittstadt realisiert.

Dort konnte auch die Stipendiatin Daria Boieva aus der Ukraine, die gerade ihre Masterarbeit im digitalen Studiengang ihres Heimatlandes schreibt, ein Praktikum absolvieren. In der Glaswerkstatt der Dombauhütte freut man sich, dass man nach der Unterstützung des Wiederaufbaus der Pariser Kathedrale Notre Dame jetzt auch dem ukrainischen Museum bei der Sicherung seiner Schätze helfen kann.

Nach den russischen Angriffen gab es eine Kooperation des Museums mit der internationalen Forschungseinrichtung für mittelalterliche Glasmalerei, dem Corpus Vitrearum Deutschland, in der Trägerschaft der Akademie der Wissenschaften. Kurz vor Weihnachten wurden die Glasmalereien in Kiew in Spezialkisten sorgfältig verpackt und auf einer abenteuerlichen achttägigen Reise per Lkw durch das Kriegsgebiet über Polen in Richtung Deutschland transportiert, wo sie wohlbehalten angekommen sind. Finanziell gefördert wird das Projekt durch die gemeinsame Ukraine-Förderlinie der Ernst-von-Siemens-Kunststiftung und der Heinrich-Reemtsma-Stiftung sowie durch die Peter-und-Irene-Ludwig Stiftung und den Freundeskreis des Museums Schnütgen.

„Zu unserem Unterstützungsprogramm gehört auch, dass derzeit etwa 30 Fachkräfte wie Restauratoren und Kunsthistoriker aus ukrainischen Museen in Deutschland bei den entsprechenden Institutionen Arbeit gefunden haben und das unter den Bedingungen, die ihrer Ausbildung entsprechen. Da entstehen gerade Freundschaften unter Kollegen, die auch den aktuellen Krieg überdauern werden”, sagt der Generalsekretär der Ernst-von-Siemens-Stiftung, Martin Hoernes.