Theater: Musikalische Reise in die Zeit des Wirtschaftswunders
Mit Petticoat und Pferdeschwanz - Burscheider erlebten eine bunte Revue in der Hoersch-Halle.
Burscheid. Die ersten Jahrzehnte des vorigen Jahrhunderts brachten jedes für sich einen speziellen Musikstil mit sich. Das Impuls-Theater, Wuppertal hat die Epoche zu einer bunten, quirligen Revue verarbeitet - unter anderem die Jahre des Wirtschaftswunders kurz nach dem zweiten Weltkrieg.
Unter dem Titel "Mit Petticoat und Pferdeschwanz" brachten die vier Ensemblemitglieder am Samstagabend in der Hans-Hoersch-Halle ein Feuerwerk an Farben und Bewegung auf die Bühne.
Da reichte sogar eine sparsame Kulisse, bestehend aus einer künstlichen Palme, einem Kleiderständer und einem Nostalgie-Radio aus, um die aufstrebende Gesellschaft im Deutschland des Wirtschaftswunders lebendig werden zu lassen.
Lore Duwes Theaterblut ist angeboren, sie stand bereits als Kind auf verschiedenen Bühnen, war Schülerin von Lore Lorentz (Kommödchen Düsseldorf), tanzte bei Pina Bausch (Wuppertal) und wirkte in Spielfilmen und TV-Produktionen mit.
Sie führte die Gesamtregie und wechselte innerhalb einer halben Stunde mindestens fünfmal das Kostüm. Ihre Stimme gleicht manchmal der von Marlene Dietrich und dann wieder der von Zarah Leander. Ihr Kontakt zum Publikum war durch ihre humorvolle Mimik und ihr Improvisationstalent nur eine Sache von Minuten.
Neben ihr tanzte und sang als geschmeidiger Seemann, als frecher Hula-Hoop-Teenager oder gelenkiger Clown die Solinger Tanzlehrerin Elke Arens.
Piano und Keybord sind die bevorzugten Ausdrucksmittel von Michael Stamm. Mit drei Jahren nannte man ihn "den kleinen Mozart". Als Interpret der Evergreens gab er den Akteuren den Hintergrund, übernahm aber mit seinem geschmeidigen Bariton auch manchen Gesangspart in den Schlagern.
Für die gesamte Beleuchtung und Beschallung war Fritz Kappner zuständig. Allerdings ohne Playback und technische Tricks kamen die romantischen Liebeslieder der 50er Jahre herüber wie die durch diese Nachkriegszeit geprägten melancholischen Schlager.
Und wenn Lore Duwe mit ihrem hawaianischen Baströckchen wippte oder als beschwipste Reinemachefrau ihre "Budodel" nicht mehr greifen konnte - da blieb kein Auge trocken. Die schlanken "Beine der Dolores" begeisterten an diesem Abend die männlichen Besucher im fast ausverkauften Saal.
Die weiblichen Gäste bewunderten wohl eher die farbenprächtigen, aufwändigen Kostüme. Sie wurden ausnahmslos von Elke Arens entworfen und hergestellt.
Durch das "verrückte" Jahrzehnt führte mit leichter Hand und handfesten Fakten Johannes Schlottner. Was sich an "Wundern" vor fast sechzig Jahren in der Bundesrepublik ereignete, las er nicht nur in trockener Vortragsart ab - er führte mit dem gesamten Publikum einen lebhaften Dialog.
"Wer war damals der erste Bundespräsident?" Oder: "Welches Wunder spielte sich 1954 in Bern ab?" Auf seine Fragen rief man ihm die richtigen Antworten wie aus der Pistole geschossen zu. Schließlich gehörten in den Reihen der Zuschauer die meisten zu den Jahrgängen, die sich noch äußerst klar an diese Zeit erinnern. "Mitsingen erlaub!", hieß es gleich zu Beginn. Und das taten viele auch laut und fröhlich.
In Gesprächen während der Pause war sogar zu hören: "Hoffentlich singen sie auch etwas von Freddy, von Torriani oder Peter Alexander...!" Leider mußten sich die Künstler auf zwei Stunden Revue-Zeit beschränken. So sangen sie nach einer einzigen kurzen Zugabe zusammen mit allen Anwesenden nur noch das gefühlvolle "Auf Wiedersehen!"