Fest im Glauben an das Hakenkreuz

Der Theologe Falk Breuer hat das Leben des Pfarrers und überzeugten Nationalsozialisten Friedrich Wilhelm Berg erforscht.

Burscheid. Über Hitlers "Mein Kampf" predigte er in SA-Uniform, das Vaterunser ließ er mit dem Hitlergruß beten. Pfarrer Friedrich Wilhelm Berg bezeichnete sich selbst gern als "alten Kämpfer", was zum Ausdruck bringen sollte, dass er der Nazi-Bewegung schon vor der Machtergreifung treu ergeben war. Dem Monheimer Pfarrer Falk Breuer ist es gelungen, in hartnäckiger Archivarbeit das Leben dieses regional herausragenden Vertreters der "Deutschen Christen" detailreich zu beleuchten.

In Burscheider Archiven wurde er dabei kaum fündig. Zu penibel haben hier die NS-Anhänger nach Kriegsende die Spuren ihres Wirkens getilgt. Aber im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf und im Landeskirchenarchiv in Eisenach entdeckte Breuer zahlreiche Dokumente über das Wirken Bergs - so zahlreich, dass er in Zusammenarbeit mit dem Geschichtsverein ein Buch über den langjährigen Wahl-Burscheider plant.

Berg wird 1891 in Barmen geboren, ausgerechnet an dem Ort, der 43 Jahre später der Barmer Theologischen Erklärung ihren Namen gibt, mit der sich innerhalb des Protestantismus die Bekennende Kirche gegen die Hitler ergebenen Deutschen Christen positioniert. Als einschneidendes Erlebnis für Bergs späteren Lebensweg macht Biograf Breuer dessen Fronterlebnis im Ersten Weltkrieg aus, verbunden mit dem Verlust des Kaisers und des Kaiserreichs.

Nach dem Studienabschluss in Göttingen und ersten Gemeindeerfahrungen im Saarland bewirbt sich Berg 1925 in Burscheid und setzt sich unter zunächst drei Bewerbern in der entscheidenden Abstimmung mit 25:24 Stimmen durch.

Schon im November 1931 tritt der Pfarrer der SA bei, 14 Tage später auch der NSDAP. Im Jahr darauf hält er anlässlich eines Besuchs Adolf Hitlers in seiner Heimatstadt Wuppertal einen Gottesdienst vor 120 000 Nazi-Anhängern im Elberfelder Station. In Burscheid wird er Stadtverordneter der NSDAP und kurz sogar Beigeordneter. Bürgermeister Richard Rohde sieht in ihm den "geistlichen Leiter der nationalsozialistischen Bewegung in Burscheid".

Auch im Kirchenkreis Solingen versuchen die Deutschen Christen, die in Hitler einen Gesandten Gottes sehen, ihren Einfluss auszuweiten. Der zweite Burscheider Pfarrer und Superintendent Hermann von Scheven, der sich gegen Gleichschaltung und eine nach dem Führerprinzip organisierte Kirche wehrt, wird - auch durch Attacken seines Kollegen Berg - in den Ruhestand gedrängt. Auf ihn folgt der junge Kurt Schreiner, ebenfalls bekennender Deutscher Christ.

Später geraten die NS-treuen Christen aber zusehends in Konflikt mit der antichristlichen NSDAP. Berg wird ab 1939 Soldat und empfiehlt in Feldpostbriefen mit höhnisch-rassistischer Diktion dem Goetze-Werk Senegalesen für Pförtnerdienste.

Die Ausübung des Pfarramtes wird ihm nach 1945 zwar untersagt, aber Disziplinarmaßnahmen unterbleiben. Das Presbyterium bescheinigt ihm zunächst sogar, er könne noch "segensreich in anderen Gemeinden wirken".

Offenbar gelingt es Berg auch gelegentlich, das Predigtverbot zu umgehen. So verheiratet er noch 1960 den Sohn des früheren NSDAP-Ortsgruppenführers von Bergisch Neukirchen im Altenberger Dom. Auch findet er Beschäftigung als Lateinlehrer am Burscheider Pastor-Löh-Gymnasium bis zu dessen Ende im Jahr 1960. Zwölf Jahre später stirbt Berg.

Bis heute haben sich ungeachtet dieses Lebensweges verschiedentlich Einschätzungen in Burscheid gehalten, "menschlich" sei Berg schon in Ordnung gewesen. Eine Bewertung, die Fragen aufwirft - vor allem nach den Kriterien für das Attribut der Menschlichkeit. Für Breuer, der sich bei seinem Vortrag im Haus der Kunst mit Bewertungen zurückhielt und lieber die Fakten sprechen ließ, eine besondere Herausforderung, gerade auch mit Blick auf das geplante Buch.