Gespräch mit OB Keller in Düsseldorf „Haben es mit Praktiken zu tun, die nicht Recht und Gesetz entsprechen“

Düsseldorf · Der Streit um die Verdrängung von Anwohnern ist im Rathaus gelandet. Stephan Keller zeigte sich nach dem Gespräch mit den Mietern bewegt.

Mieter aus Golzheim, Pempelfort und Derendorf wollen gegen die Verdrängung kämpfen.

Foto: Verena Kensbock

(veke) Erst die Besetzung einer Wohnung, nun ein Gespräch im Rathaus. Der Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) hat sich am Mittwoch mit Anwohnern aus Golzheim, Pempelfort und Derendorf getroffen, die sich organisiert haben, um gegen die Entmietung ihrer Wohnhäuser vorzugehen. Betroffen sind 19 Häuser, in denen bereits 30 Wohnungen leer stehen. Die verbliebenen Mieter fühlen sich von den Eigentümern schikaniert und zum Auszug gedrängt – die Häuser sollen saniert werden.

Ihre Erlebnisse berichtete eine Gruppe von Anwohner dem Oberbürgermeister. Sie erzählten von Aufzügen, die seit Monaten nicht funktionieren, von fristlosen Kündigungen der Mietverträge, von offen stehenden Türen der verlassenen Wohnungen, sodass das gesamte Haus auskühle. Keller zeigte sich bewegt nach dem Treffen, das doppelt so lange dauerte wie geplant.

„Die Schilderungen haben mich alles andere als kalt gelassen“, so der Oberbürgermeister. Ihm seien die Fälle zuvor bekannt gewesen, es gebe aber eine „große Diskrepanz“ zwischen der Aktenlage und den mündlichen Berichten der Anwohner. „Wir haben es mit Praktiken zu tun, die nicht Recht und Gesetz entsprechen“, sagte Keller deutlich.

Zwei Anwohnerinnen der Bankstraße in Golzheim gehören zu den Betroffenen. Beide Häuser wurden Anfang 2022 von einem Investor übernommen, mittlerweile steht der Großteil der Wohnungen leer. Rosemarie Preisherdin und ihr Ehemann sind beide über 80 und leben im vierten Stock – seit einem halben Jahr ohne Fahrstuhl. Dabei hatten sie sich eben wegen des Aufzugs für die Wohnung entschieden, sagt sie. Nachbarin Carola Martin habe der Eigentümer kürzlich fristlos gekündigt, weil sie einen „Eingriff in die Bausubstanz“ begangen habe. Sie habe eine neue Küche einbauen lassen, sagt die Mieterin.

„Das ist die Methode der Investoren, es den Mietern möglichst ungemütlich zu machen“, sagt Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des Mietervereins in Düsseldorf. Aus seiner Sicht müsse die Stadtverwaltung offensiver vorgehen. Zum Beispiel könne die Stadt in diesem Fall von der Ersatzvornahme Gebrauch machen. Das heißt, die Stadt würde Handwerker für die Reparatur der Aufzüge beauftragen, die Kosten trüge der Eigentümer.

Der Oberbürgermeister sicherte zu, die Möglichkeiten im Instrumentenkasten zum Schutz der Mieter erneut zu prüfen, auch juristischer Art. „Das ist eine Frage des Hinschauens und des Vollzugs“, so Keller. Es gebe zwar das Verbot der Zweckentfremdung und die soziale Erhaltungssatzung, aber die seien keine Allheilmittel und hätten den Anwohnern der Bankstraße vermutlich nicht geholfen. Er rät Betroffenen Mängel wie Feuchtigkeit oder eine fehlende Heizung, die von Eigentümern nicht beseitigt werden, an die Wohnungsaufsicht zu melden. Zugesagt ist zudem ein weiteres Treffen mit dem Oberbürgermeister in den betroffenen Häusern.